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Einheit 16 Technischer Fortschritt, Beschäftigung und Lebensstandard in der langen Frist

Wie langfristige Trends und Unterschiede zwischen den Ländern in Bezug auf Lebensstandard und Arbeitslosigkeit auf den technischen Fortschritt, die Institutionen und die Politik zurückzuführen sind

  • Der zunehmende Einsatz von Maschinen und anderen Investitionsgütern in der Produktion, sowie der technische Fortschritt, der durch zunehmendes Wissen ermöglicht wurde, bildeten die Grundlage für einen langfristig steigenden Lebensstandard.
  • Die „schöpferische Zerstörung“ früherer Produktionsverfahren hat sowohl zu Verlusten als auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze geführt, jedoch hat sie langfristig nicht zu einer höheren Arbeitslosigkeit geführt.
  • Die wirtschaftlichen Institutionen und die Wirtschaftspolitik eines Landes können danach beurteilt werden, inwieweit sie in der Lage sind, die unfreiwillige Arbeitslosigkeit niedrig zu halten und die Reallöhne nachhaltig zu steigern.
  • Viele erfolgreiche Volkswirtschaften haben umfangreiche Formen der Mitversicherung gegen den Verlust von Arbeitsplätzen, der aus der schöpferischen Zerstörung und dem Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften resultiert, geschaffen. Daher bewertet der überwiegende Teil der Bevölkerung dieser Nationen sowohl den technologischen Wandel als auch den globalen Austausch von Waren und Dienstleistungen sehr positiv.
  • Ein zentraler Unterschied zwischen Volkswirtschaften mit hohem Pro-Kopf-BIP und Volkswirtschaften mit geringerem Pro-Kopf-BIP besteht darin, dass die Institutionen und die Politik der leistungsstarken Länder den Hauptagierenden in der Wirtschaft Anreize bieten, den Kuchen zu vergrößern, anstatt sich um die Größe ihres Stücks zu streiten.

Im Jahr 1412 verbot der Rat der Stadt Köln einem lokalen Handwerksbetrieb die Herstellung eines Spinnrades. Der Rat befürchtete steigende Arbeitslosigkeit bei den Textilunternehmen, die Handspindeln verwendeten. Im sechzehnten Jahrhundert wurden neue Bandwebmaschinen in weiten Teilen Europas verboten. Im Jahr 1811, in der Anfangsphase der Industriellen Revolution in England, protestierten die Ludditen energisch gegen neue arbeitssparende Maschinen, wie zum Beispiel Spinnmaschinen, mit denen eine Arbeitskraft die Menge an Garn herstellen konnte, die zuvor von 200 Arbeitskräften produziert wurde. Die Bewegung wurde von dem jungen ungelernten Handwerker Ned Ludd angeführt, der sogar Spinnmaschinen zerstört haben soll.1

Der Schweizer Ökonom Jean-Charles-Léonard de Sismondi (1773–1842) stellte sich eine neue Welt vor, „in der der König allein auf seiner Insel sitzt und unaufhörlich an Kurbeln dreht, um mit Hilfe von Automaten all das zu produzieren, was England heute herstellt“. Die zunehmende Nutzung der Informationstechnologie hat zeitgenössische Ökonominnen und Ökonomen, darunter Jeremy Rifkin, dazu veranlasst, gleiche Befürchtungen zu äußern.2

Sismondi und Rifkin brachten plausible Argumente hervor. Wie wir jedoch in Einheit 1 gesehen haben, haben sich viele Länder infolge arbeitssparender Innovationen in den oberen Teil des Hockeyschlägers bewegt und einen anhaltenden Anstieg des Lebensstandards erlebt. Die Beschäftigten wurden besser bezahlt—erinnern Sie sich an den Reallohn-Hockeyschläger aus Einheit 2 (Abbildung 2.1). Auch „Das Ende der Arbeit“ hat noch nicht stattgefunden, obwohl der Philosoph Bertrand Russell 1932 das Ende der Arbeit eher erwartete als fürchtete. Er argumentierte: ‚Es wird in der Welt viel zu viel gearbeitet. Der Glaube, dass Arbeit tugendhaft ist, richtet immensen Schaden an, und das, was in den modernen Industrieländern gepredigt werden muss, ist etwas ganz anderes als das, was immer gepredigt worden ist.‘

Der technische Fortschritt hat nicht zu steigenden Arbeitslosenquoten geführt. Stattdessen hat er für Unternehmen den niedrigsten Lohn angehoben, der es ihnen erlaubt immer noch die Kosten zu decken. Der technische Fortschritt vergrößert somit die Ressourcen, die das Unternehmen in die steigende Produktion investieren kann, und schafft Anreize für weitere Investitionen. Diejenigen, die sich nur auf den Abbau von Arbeitsplätzen konzentrieren, ignorieren die Tatsache, dass der arbeitssparende technische Fortschritt auch Investitionen auslöst, die zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen führt.

In den meisten Volkswirtschaften, für die Daten vorliegen, werden jedes Jahr mindestens 10 % der Arbeitsplätze abgebaut und etwa die gleiche Anzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. In Frankreich oder England wird alle 14 Sekunden ein Arbeitsplatz abgebaut und ein neuer geschaffen. Das ist Teil der schöpferischen Zerstörung, die den kapitalistischen Volkswirtschaften zugrunde liegt und die wir in den Einheiten 1 und 2 beschrieben haben.

Diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, tragen kurzfristig erhebliche Kosten. Diese Zeit mag ihnen nicht sehr kurz erscheinen: Sie kann Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern. Diejenigen, die davon profitieren, können die Kinder einer Arbeitskraft sein, deren Stelle durch den Webstuhl verloren ging, oder die Kinder der arbeitslosen Schreibkraft, die durch den Computer verdrängt wurde. Sie profitieren, weil sie einen Arbeitsplatz in einem Beruf finden, der produktiver ist als der ihrer Eltern, und sie können von den Vorteilen der neuen Waren und Dienstleistungen profitieren, die aufgrund der Existenz des Webstuhls oder des Computers verfügbar sind.

Der zerstörerische Teil der schöpferischen Zerstörung betrifft Berufe, die oft in bestimmten Regionen konzentriert sind. Dies führt zu großen Verlusten bei Löhnen und Arbeitsplätzen. Familien und Gemeinden, die zu den Verlierenden gehören, brauchen oft Generationen, um sich zu erholen. Genau wie „kurzfristig“ verschleiert auch der Begriff „durchschnittlich“ häufig die durch die Einführung neuer Technologien resultierenden Kosten für die entlassenen Arbeitskräfte, sowie die betroffenen Gemeinden.

So gestaltet die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) heute unsere Gesellschaft um. Die IKT ersetzt einen Großteil der Routinearbeit, was in vielen Fällen zur weiteren Armut der ohnehin schon Bedürftigen führt. Menschen, die auf einen steigenden Lebensstandard hofften, haben weniger Beschäftigungsmöglichkeiten.

Dennoch profitieren die meisten Menschen von dem Preisrückgang aufgrund der neuen Technologie. Die schöpferische Zerstörung als Folge des technischen Fortschritts ist wohl oder übel Teil der Dynamik des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Auch wenn diese Dynamik das Leben mancher Menschen beeinträchtigt und die Umwelt zunehmend bedroht, ist die Einführung verbesserter Technologien auch der Schlüssel zu einem langfristig höheren Lebensstandard. Wir werden sehen:

  • der technologische Wandel führt dazu, dass immer mehr Menschen arbeitslos werden
  • aber die Länder, die eine hohe Arbeitslosigkeit vermeiden konnten, gehören zu den Ländern, in denen die Arbeitsproduktivität am meisten gestiegen ist

Abbildung 16.1 zeigt die Arbeitslosenquoten für 16 OECD-Länder von 1960 bis 2019.

Arbeitslosenquoten in ausgewählten OECD-Ländern (1960–2094).
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Abbildung 16.1 Arbeitslosenquoten in ausgewählten OECD-Ländern (1960–2019).

Daten aus 1960–2004: David R Howell, Dean Baker, Andrew Glyn und John Schmitt. 2007. ‘Are Protective Labor Market Institutions at the Root of Unemployment? A Critical Review of the Evidence’Capitalism and Society 2 (1) (Januar). Daten von 2005 bis 2019: OECD. 2019. OECD Statistics.

Die Arbeitslosenquoten waren in den 1960er Jahren niedrig und recht ähnlich. Sie gingen jedoch in den 1970er Jahren auseinander, was zum Teil auf die unterschiedlichen Reaktionen der in Einheit 14 beschriebenen Ölpreisschocks zurückzuführen ist. Von diesen Ländern lagen nur in Japan (JPN), Österreich (AUT) und Norwegen (NOR) die Arbeitslosenquoten während des gesamten Zeitraums unter 6 %. In Spanien (SPA) lag die Quote von Mitte der 1980er bis Ende der 1990er Jahre bei etwa 20 %. Sie halbierte sich dann in den 2000er Jahren, bevor sie nach der Finanz- und Eurokrise ab 2009 wieder auf über 20 % anstieg. In dieser Hinsicht ist Deutschland (GER) ungewöhnlich: Die Arbeitslosigkeit ging in den Jahren nach der globalen Finanzkrise zurück.

Während es bei den Arbeitslosenquoten langfristig keinen Aufwärtstrend gegeben hat, gab es zwei wichtige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die mit dem Anstieg des Lebensstandards einhergingen. Wie wir in Einheit 3 (Abbildung 3.1) gesehen haben, ist die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der Erwerbstätigen gesunken. Darüber hinaus arbeitet ein größerer Anteil der Erwachsenen gegen Entgelt, was hauptsächlich auf den Anstieg des Anteils der Frauen zurückzuführen ist, die einer bezahlten Arbeit nachgehen.

Die Muster der Arbeitslosigkeit in Abbildung 16.1 lassen sich nicht durch nationale Unterschiede in der Innovationsrate oder durch Innovationswellen im Laufe der Zeit erklären. Sie spiegeln die Unterschiede in den Institutionen und der Politik der Länder wider.

Wie haben sich die Lebensstandards angesichts der kapitalintensiven Produktion langfristig verbessert, ohne dass es zu Massenarbeitslosigkeit kam? Wir beginnen mit der Untersuchung der Kapitalakkumulation (der zunehmende Bestand an Maschinen und Ausrüstungen) und der Infrastruktur (zum Beispiel Straßen und Häfen), die für die Dynamik des Kapitalismus schon immer von grundlegender Bedeutung waren.

Übung 16.1 Vermögen und Lebensqualität

Wie wir in Einheit 3 gesehen haben, erhöht der technische Fortschritt Ihre Stundenproduktivität. Das bedeutet, dass Sie mit der gleichen Anzahl von Arbeitsstunden mehr produzieren und konsumieren können, oder Sie können die gleiche Menge an Gütern produzieren und konsumieren, obwohl Sie weniger Stunden arbeiten und mehr Freizeit haben.

Der Ökonom Olivier Blanchard argumentiert, dass der Unterschied des Outputs pro Kopf zwischen den USA und Frankreich zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Bevölkerung Frankreichs im Vergleich zur Bevölkerung der USA einen Teil des Produktivitätszuwachses für mehr Freizeit genutzt hat, anstatt den Konsum zu steigern.

  1. Stellen Sie sich zwei Länder vor, von denen das eine ein niedrigeres pro-Kopf-BIP hat, weil es weniger Arbeitsstunden leistet, und das andere ein höheres pro-Kopf-BIP, weil es mehr Arbeitsstunden leistet (zum Beispiel Frankreich und die USA). Wenn man davon ausgeht, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit nur aus Freizeit und Konsum besteht, in welchem Land würde man dann erwarten, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit höher ist, und warum? Geben Sie klar und deutlich an, welche Annahmen Sie über die Präferenzen der Bevölkerung der einzelnen Länder treffen.

  2. Wenn Sie nur die Arbeitszeiten und das pro-Kopf-BIP berücksichtigen, in welchem Land (Frankreich oder USA) würden Sie lieber leben, und warum? Wie würde sich Ihre Antwort ändern, wenn Sie auch andere Faktoren berücksichtigen würden?

Frage 16.1 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Abbildung 16.1 zeigt die Arbeitslosenquoten für 16 OECD-Länder von 1960 bis 2019.

Welche der folgenden Aussagen ist richtig?

  • Es gibt keine Korrelation zwischen den Arbeitslosenquoten der einzelnen Länder.
  • In den letzten 30 Jahren gab es in allen Ländern einen klaren Aufwärtstrend bei der Arbeitslosigkeit.
  • Die Arbeitslosenquoten der einzelnen Länder waren von den Ölpreisschocks der 1970er Jahre sehr unterschiedlich betroffen.
  • Nach der globalen Finanzkrise 2008 stieg die Arbeitslosenquote in allen Ländern an.
  • In den meisten Ländern waren die Arbeitslosenquoten in den 1960er Jahren niedriger als in den 1980er und 1990er Jahren, und in den meisten Ländern war Ende der 1990er Jahre ein gewisser Rückgang zu verzeichnen, was auf eine leicht positive Korrelation schließen lässt.
  • Die Diagramme zeigen keinen eindeutigen Aufwärtstrend bei der Arbeitslosigkeit seit den 1980er Jahren.
  • Während in den meisten Ländern die Arbeitslosigkeit nach den Ölpreisschocks höher war als vorher, gab es in einigen Ländern wie Irland und Spanien einen sehr starken Anstieg. In anderen Ländern wie Japan, Österreich und Norwegen nahmen sie nur leicht zu.
  • In Deutschland ist die Arbeitslosenquote nach 2008 sogar gesunken.

16.1 Technischer Fortschritt und Lebensstandard

Innovationsrenten
Gewinne, die über die Opportunitätskosten des Kapitals hinausgehen, die eine Innovatorin oder ein Inovator durch die Einführung einer neuen Technologie, Organisationsform oder Marketingstrategie erzielt. Auch bekannt als: Schumpetersche Renten.
schöpferische Zerstörung
Joseph Schumpeters Bezeichnung für den Prozess, bei dem alte Technologien und die Unternehmen, die sich nicht anpassen, von neuen verdrängt werden, weil sie auf dem Markt nicht konkurrenzfähig sind. Seiner Ansicht nach ist das Scheitern unrentabler Unternehmen schöpferisch, weil es Arbeit und Investitionsgüter für neue Tätigkeiten freisetzt.
Investitionsgüter
Die langlebigen und kostspieligen Vorleistungen, die nicht der Arbeit dienen und in der Produktion eingesetzt werden (zum Beispiel Maschinen und Gebäude), mit Ausnahme einiger wesentlicher Vorleistungen, zum Beispiel Luft, Wasser, Wissen, die in der Produktion ohne Kosten verwendet werden.

In Einheit 2 haben wir gesehen, wie Unternehmen durch die Einführung neuer Technologien Schumpeterische Innovationsrenten erzielen können. Unternehmen, denen es nicht gelingt, Innovationen voranzutreiben (oder innovative Unternehmen zu übernehmen), sind nicht in der Lage, ihr Produkt zu einem Preis zu verkaufen, der über den Produktionskosten liegt, sodass sie schließlich scheitern. Dieser Prozess der schöpferischen Zerstörung führte im Durchschnitt zu einem anhaltenden Anstieg des Lebensstandards, da der technische Fortschritt und die Akkumulation von Investitionsgütern komplementär zueinander stehen: Beide schaffen die notwendigen Voraussetzungen für das Fortschreiten des jeweils anderen.

  • Neue Technologien erfordern neue Maschinen: Die Akkumulation von Investitionsgütern ist eine notwendige Bedingung für den Fortschritt der Technologie, wie wir am Beispiel der Spinnmaschine gesehen haben.
  • Der technische Fortschritt ist notwendig, um den Prozess der Akkumulation von Investitionsgütern aufrechtzuerhalten: Das bedeutet, dass nur dadurch die Einführung von immer kapitalintensiveren Produktionsmethoden weiterhin rentabel ist.

Der zweite Punkt erfordert eine Erklärung. Gehen wir von der Produktionsfunktion aus, die wir in den Einheiten 2 und 3 verwendet haben. Wir haben herausgefunden, dass die produzierte Menge (der Output) von dem Arbeitseinsatz abhängt und dass sich die Funktion, die diese Beziehung beschreibt, mit dem technischen Fortschritt nach oben verschiebt, sodass mit der gleichen Menge an Arbeit nun mehr Output erreicht werden kann. In Einheit 3 verfügten die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft über eine feste Fläche an Land: Wir gingen davon aus, dass die Menge der Investitionsgüter konstant ist. Wie wir jedoch gesehen haben, ist die Menge an Investitions­gütern, die die beschäftigte Person von heute nutzt, weitaus größer als die der landwirtschaftlichen Arbeitskraft der Vergangenheit.

kapitalintensiv
Stärkerer Einsatz von Investitionsgütern (zum Beispiel Maschinen und Anlagen) im Vergleich zu Arbeit und anderen Inputs. Siehe auch: arbeitsintensiv.
Arbeitsproduktivität
Gesamtproduktion geteilt durch die Zahl der Arbeitsstunden oder ein anderes Maß für den Arbeitseinsatz.

Jetzt beziehen wir Investitionsgüter (Maschinen, Anlagen und Gebäude) ausdrücklich in die Produktionsfunktion ein. Wenn Sie die horizontale Achse in Abbildung 16.2 betrachten, sehen Sie, dass sie die Menge an Investitions­gütern pro beschäftigter Person erfasst. Dies ist ein Maß für die so genannte Kapitalintensität der Produktion. Auf der vertikalen Achse befindet sich der Output pro beschäftigter Person, auch bekannt als Arbeitsproduktivität.

Die wirtschaftliche Produktionsfunktion und der technische Fortschritt.
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Abbildung 16.2 Die wirtschaftliche Produktionsfunktion und der technische Fortschritt.

Abnehmende Erträge des Kapitals
: Die Produktionsfunktion ist durch abnehmende Erträge des Kapitals charakterisiert.
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Abnehmende Erträge des Kapitals

Die Produktionsfunktion ist durch abnehmende Erträge des Kapitals charakterisiert.

Das Grenzprodukt des Kapitals
: Der vergrößerte Ausschnitt bei Punkt A zeigt, wie das Grenzprodukt des Kapitals berechnet wird: Es ist die Steigung der Tangente an der Produktionsfunktion bei A.
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Das Grenzprodukt des Kapitals

Der vergrößerte Ausschnitt bei Punkt A zeigt, wie das Grenzprodukt des Kapitals berechnet wird: Es ist die Steigung der Tangente an der Produktionsfunktion bei A.

Höhere Kapitalintensität
: Das Grenzprodukt des Kapitals sinkt entlang der Produktionsfunktion in Richtung höherer Kapitalintensität.
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Höhere Kapitalintensität

Das Grenzprodukt des Kapitals sinkt entlang der Produktionsfunktion in Richtung höherer Kapitalintensität.

Technologischer Fortschritt
: Dadurch wird die Produktionsfunktion nach oben versetzt.
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Technologischer Fortschritt

Dadurch wird die Produktionsfunktion nach oben versetzt.

Die ursprüngliche Produktionsfunktion
: Bei Punkt B der ursprünglichen Produktionsfunktion beträgt das Kapital pro beschäftigter Person 20 000 USD und der Output pro beschäftigter Person 15 000 USD.
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Die ursprüngliche Produktionsfunktion

Bei Punkt B der ursprünglichen Produktionsfunktion beträgt das Kapital pro beschäftigter Person 20 000 USD und der Output pro beschäftigter Person 15 000 USD.

Nach technischem Fortschritt
: Betrachten Sie Punkt C der neuen Produktionsfunktion (nach technischem Fortschritt), bei dem das Kapital pro beschäftigter Person auf 30 000 USD und die produzierte Menge pro beschäftigter Person auf 22 500 USD gestiegen ist.
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Nach technischem Fortschritt

Betrachten Sie Punkt C der neuen Produktionsfunktion (nach technischem Fortschritt), bei dem das Kapital pro beschäftigter Person auf 30 000 USD und die produzierte Menge pro beschäftigter Person auf 22 500 USD gestiegen ist.

Die Steigung der Produktionsfunktion
: Wir haben den Punkt C so gewählt, dass die Steigung der Produktionsfunktion und damit das Grenzprodukt des Kapitals dasselbe ist wie bei Punkt B.
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Die Steigung der Produktionsfunktion

Wir haben den Punkt C so gewählt, dass die Steigung der Produktionsfunktion und damit das Grenzprodukt des Kapitals dasselbe ist wie bei Punkt B.

Das Durchschnittsprodukt des Kapitals
: Die gestrichelte blaue Linie verläuft vom Ursprung durch die Produktionsfunktionen der alten und neuen Technologien. Ihre Steigung ist das Durchschnittsprodukt des Kapitals.
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Das Durchschnittsprodukt des Kapitals

Die gestrichelte blaue Linie verläuft vom Ursprung durch die Produktionsfunktionen der alten und neuen Technologien. Ihre Steigung ist das Durchschnittsprodukt des Kapitals.

Wie bereits in Einheit 3 beschrieben, gibt die Produktionsfunktion abnehmende Grenzerträge an: Je mehr Investitionsgüter die beschäftigte Person einsetzt, desto mehr wird produziert, allerdings mit abnehmenden Erträgen (Charlie Chaplin zeigte 1936 im Film Modern Times, dass eine Person nur eine begrenzte Anzahl an Maschinen bedienen kann). Das bedeutet, dass mit zunehmender Menge an Investitionsgütern das Grenzprodukt der Investitionsgüter abnimmt. Die Steigung der Produktionsfunktion zeigt bei dem jeweiligen Kapital pro beschäftigter Person das Grenzprodukt des Kapitals an. Sie zeigt, um wie viel der Output zunimmt, wenn die Investitionsgüter pro beschäftigter Person um eine Einheit zunehmen.

Der vergrößerte Ausschnitt bei Punkt A in Abbildung 16.2 zeigt, wie das Grenzprodukt des Kapitals berechnet wird: Beachten Sie, dass Y/Beschäftigter Person als Kurzform für die Produktion pro beschäftigte Person verwendet wird und das Grenzprodukt des Kapitals (GPK) ΔYK ist. Das Grenzprodukt des Kapitals der jeweiligen Investitionsgüter pro beschäftigter Person ist die Steigung der Tangente in diesem Punkt der Produktionsfunktion.

Leibniz: Malthus’sche Ökonomie
Leibniz: Arbeit und Produktion

Frühere Leibniz-Abschnitte haben gezeigt, wie man mit Hilfe der Infinitesimalrechnung das Grenzprodukt des Kapitals an jedem Punkt einer gegebenen Produktionsfunktion berechnen kann. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um sie noch einmal anzuschauen.

konkave Funktion
Eine Funktion zweier Variablen, bei der das Liniensegment zwischen zwei beliebigen Punkten der Funktion vollständig unterhalb der Funktion liegt (die Funktion ist konvex, wenn das Liniensegment oberhalb der Funktion liegt).

Wie wir aus Abbildung 16.2 ersehen können, sinkt das Grenzprodukt des Kapitals mit dem Verlauf der Produktionsfunktion. Eine Produktionsfunktion, die abnehmende Erträge des Kapitals aufweist, ist konkav. Konkavität bedeutet, dass die produzierte Menge pro beschäftigter Person mit dem Kapital pro beschäftigter Person zunimmt, jedoch weniger als proportional.

Konkavität bedeutet, dass eine Volkswirtschaft nicht in der Lage ist, das Wachstum des Outputs pro beschäftigter Person aufrechtzuerhalten, indem sie einfach mehr von einer Kapitalart einsetzt. Ab einem bestimmten Punkt wird die Grenzproduktivität des Kapitals so niedrig, dass sich weitere Investitionen nicht mehr lohnen. Wie wir in Einheit 14 gesehen haben, werden Eigentümer:innen nur dann im Inland investieren, wenn die Rendite höher ist als beim Kauf von Anleihen oder bei Investitionen im Ausland, und gleichzeitig hoch genug, dass sie ihre Gewinne nicht einfach für Konsumgüter ausgeben wollen.

Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum erfordert einen technologischen Wandel, der die Grenzprodukte des Kapitals erhöht. Dadurch dreht sich die Produktionsfunktion nach oben und es wird rentabel, im Inland zu investieren, was zu einer höheren Kapitalintensität führt. Folgen Sie den Analyseschritten in Abbildung 16.2, um zu sehen, wie die Kombination aus technologischem Wandel und Investitionen die produzierte Menge pro beschäftigter Person steigert.

Taylorismus
Innovation in der Unternehmensführung, die darauf abzielt, die Lohnkosten zu senken, zum Beispiel durch die Aufteilung qualifizierter Tätigkeiten in separate, weniger qualifizierte Aufgaben, um die Löhne zu senken.

Neue Technologien können sich auch auf neue Möglichkeiten der Arbeitsorganisation beziehen. Denken Sie daran, dass eine Technologie eine Reihe von Anweisungen für die Kombination von Inputs zur Erzeugung von Outputs ist. Der Taylorismus, eine Management-Revolution im frühen 20. Jahrhundert, ist ein gutes Beispiel dafür: Der Einsatz von Arbeit und Kapitalgütern wurde umorganisiert und neue Überwachungssysteme wurden eingeführt, um die beschäftigten Personen härter arbeiten zu lassen. Die Revolution der Informationstechnologie ermöglicht inzwischen, dass eine Ingenieurin oder ein Ingenieur mit Tausenden von anderen Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Maschinen auf der ganzen Welt verbunden ist. Die IKT-Revolution schiebt die Produktionsfunktion nach oben und die Steigung wird bei jeder Höhe an Investitionsgütern pro beschäftigter Person größer.

In Abbildung 16.2 sehen Sie eine gestrichelte blaue Linie vom Ursprung durch die Produktionsfunktionen für die alten und neuen Technologien. Die Steigung dieser Linie gibt die produzierte Menge pro Einheit von Investitionsgütern an dem Punkt an, an dem sie die Produktionsfunktion schneidet: Sie ist der Output pro beschäftigter Person geteilt durch die Investitionsgüter pro beschäftigter Person. Aus dem Diagramm geht hervor, dass die Punkte B und C der beiden Produktionsfunktionen den gleichen Output pro Einheit Investitionsgüter aufweisen.

Um zu sehen, wie technischer Fortschritt und Kapitalakkumulation die Welt geformt haben, konzentrieren wir uns auf die Länder, die in der Technologie führend waren. England war seit der Industriellen Revolution bis zum Ende des Ersten Weltkriegs technologisch führend, danach übernahmen die USA. In Abbildung 16.3 befindet sich das Kapital pro beschäftigter Person auf der horizontalen Achse und der Output pro beschäftigter Person auf der vertikalen Achse.

Wir können uns nun den Weg ansehen, den England und die USA im Laufe der Zeit zurückgelegt haben. Betrachtet man zunächst England, so beginnen die Daten im Jahr 1760 (untere Ecke des Diagramms) und enden 1990 mit einer wesentlich höheren Kapitalintensität und Produktivität. Die untere rechte Seite des Diagramms zeigt die gleichen Punkte in der bekannten Hockeyschläger-Grafik für das BIP pro beschäftigter Person. Während sich England im Laufe der Zeit auf dem Hockeyschläger nach oben bewegte, stiegen sowohl die Kapitalintensität als auch die Produktivität. Seit 1910 liegt die Produktivität der USA oberhalb der Produktivität Englands. Im Jahr 1990 wiesen die USA eine höhere Produktivität und Kapitalintensität auf als England.

Die langfristigen Wachstumskurven ausgewählter Volkswirtschaften.
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Abbildung 16.3 Die langfristigen Wachstumskurven ausgewählter Volkswirtschaften.

Robert C. Allen. 2012. ‘Technology and the Great Divergence: Global Economic Development Since 1820’. Explorations in Economic History 49 (1) (January): pp. 1–16.

England
: Die Angaben beginnen im Jahr 1760 in der unteren Ecke des Diagramms und enden 1990 mit einer wesentlich höheren Kapitalintensität und Produktivität.
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England

Die Angaben beginnen im Jahr 1760 in der unteren Ecke des Diagramms und enden 1990 mit einer wesentlich höheren Kapitalintensität und Produktivität.

Robert C. Allen. 2012. ‘Technology and the Great Divergence: Global Economic Development Since 1820’. Explorations in Economic History 49 (1) (January): pp. 1–16.

BIP pro beschäftigter Person
: Die untere rechte Seite des Diagramms zeigt dieselben Punkte in dem bekannten Hockeyschläger-Diagramm für das BIP pro beschäftigter Person unter Verwendung der Verhältnisskala.
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BIP pro beschäftigter Person

Die untere rechte Seite des Diagramms zeigt dieselben Punkte in dem bekannten Hockeyschläger-Diagramm für das BIP pro beschäftigter Person unter Verwendung der Verhältnisskala.

Robert C. Allen. 2012. ‘Technology and the Great Divergence: Global Economic Development Since 1820’. Explorations in Economic History 49 (1) (January): pp. 1–16.

Die USA
: Die Produktivität in den USA ist seit 1910 höher als in England.
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Die USA

Die Produktivität in den USA ist seit 1910 höher als in England.

Robert C. Allen. 2012. ‘Technology and the Great Divergence: Global Economic Development Since 1820’. Explorations in Economic History 49 (1) (January): pp. 1–16.

Japan, Taiwan und Indien
: Die Entwicklungen in Japan, Taiwan und Indien zeigen, dass der Weg entlang der Hockeystick-Kurve des Lebensstandards Kapitalakkumulation und die Einführung neuer Technologien erfordert.
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Japan, Taiwan und Indien

Die Entwicklungen in Japan, Taiwan und Indien zeigen, dass der Weg entlang der Hockeystick-Kurve des Lebensstandards Kapitalakkumulation und die Einführung neuer Technologien erfordert.

Robert C. Allen. 2012. ‘Technology and the Great Divergence: Global Economic Development Since 1820’. Explorations in Economic History 49 (1) (January): pp. 1–16.

Abbildung 16.3 zeigt, dass die Arbeitsproduktivität in den heute reichen Volkswirtschaften im Laufe der Zeit gestiegen ist, da sie kapitalintensiver geworden sind. Betrachtet man zum Beispiel die USA, so stieg das Kapital pro beschäftigter Person (gemessen in 1985 USD) von 4325 USD im Jahr 1880 auf 14 407 USD im Jahr 1953 und 34 705 USD im Jahr 1990. Parallel zu diesem Anstieg der Kapitalintensität stieg die Arbeitsproduktivität in den USA von 7400 USD im Jahr 1880 auf 21 610 USD im Jahr 1953 und 36 771 USD im Jahr 1990. John Habakkuk, Wirtschaftshistoriker, hat argumentiert, dass die Löhne für die beschäftigten Personen in den USA im späten neunzehnten Jahrhundert hoch waren, weil sie die Möglichkeit hatten, in den Westen des Landes zu ziehen: Daher hatten die Eigentümer:innen der Fabriken den Anreiz, arbeitssparende Technologien zu entwickeln.3

Das Produktivitätswachstum hat den Arbeitseinsatz pro produzierter Einheit verringert. Als Folge befürchteten die Ludditen und der Autor des Werks „Das Ende der Arbeit“, dass dies zu einem dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen führen würde.

Aus Abbildung 16.3 ist ersichtlich, dass die historischen Pfade dieser Volkswirtschaften nicht wie die einfache Produktionsfunktion in Abbildung 16.2 gekrümmt sind. Das liegt daran, dass sie eine Kombination aus Kapi­talakkumulation und technischem Fortschritt erlebten. Erfolgreich wachsende Volkswirtschaften bewegen sich auf ähnlichen Pfaden wie die blau gestrichelte Linie zwischen B und C in Abbildung 16.2.

Aus Einheit 1 wissen wir, dass sich andere Volkswirtschaften zu sehr unterschiedlichen Zeiten entlang des Hockeyschlägers bewegt haben. Betrachten Sie Japan, Taiwan und Indien in Abbildung 16.3. Beachten Sie, dass 1990 das Kapital pro beschäftigter Person in Japan nicht nur höher war als in den USA, sondern auch fast doppelt so hoch wie in England. Japan hatte dieses Niveau in weniger als der Hälfte der Zeit erreicht, die England benötigte. Auch Taiwan war im Jahr 1990 kapitalintensiver als England. Der Vorsprung der USA in der Massenproduktion und in der wissenschaftsbasierten Industrie wurde durch Investitionen anderer Länder in Bildung, Forschung und die Übernahme amerikanischer Managementpraktiken reduziert.4

Die Interpretation von Abbildung 16.3 anhand des Modells der Produktionsfunktion in Abbildung 16.2 zeigt, dass die Volkswirtschaften mit zunehmendem Reichtum kapitalintensivere Produktionsmethoden anwenden. Obwohl Japan und Taiwan einen beträchtlichen technischen Fortschritt erlebten, bedeutet die Tatsache, dass der Output pro beschäftigter Person unter dem Niveau der USA und Englands blieb, dass sie auf einer niedrigeren Produktionsfunktion blieben.

Zusammengefasst:

  • Der technische Fortschritt hat die Produktionsfunktion nach oben verschoben: Er wurde durch die Aussicht auf Innovationsrenten angeregt.
  • Dies wog die abnehmenden Grenzerträge des Kapitals auf: Die Kapitalproduktivität, gemessen an der Steigung eines Fahrstrahls vom Ursprung, blieb in den führenden Technologien im Laufe der Zeit in etwa konstant.

Der technische Fortschritt trug entscheidend dazu bei, dass durch die Akkumulation von Investitionsgütern und dadurch resultierende langfristige Verbesserungen der Produktivität stärker waren als die abnehmenden Erträge des Kapitals.

Frage 16.2 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Das folgende Diagramm zeigt die Produktionsfunktion einer Volkswirtschaft vor und nach einem technischen Fortschritt:

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Welche der folgenden Aussagen ist richtig?

  • Das Durchschnittsprodukt des Kapitals bei B ist 20 000 / 15 000 = 1,33.
  • Das Grenzprodukt des Kapitals bei C ist (22 500 − 15 000) / (30 000 − 20 000) = 0,75.
  • Die Konkavität der Produktionsfunktion deutet auf ein abnehmendes Grenzprodukt des Kapitals hin.
  • Infolge des technischen Fortschritts steigt das Grenzprodukt des Kapitals, aber das Durchschnittsprodukt des Kapitals bleibt bei einem bestimmten Wert des Kapitals pro beschäftigter Person konstant.
  • Das Durchschnittsprodukt des Kapitals bei B beträgt 15 000/20 000 = 0,75.
  • Das Grenzprodukt des Kapitals bei C ist die Steigung der Produktionsfunktion bei C.
  • Das bedeutet, dass die Steigung nach rechts hin flacher wird.
  • Im Diagramm haben C und B das gleiche Durchschnittsprodukt des Kapitals. Sie haben jedoch nicht den gleichen Wert an Kapital pro beschäftigter Person. Bei einem bestimmten Wert des Kapitals pro Person steigen sowohl das Durchschnittsprodukt als auch das Grenzprodukt des Kapitals mit dem technischen Fortschritt.

16.2 Der Prozess der Entstehung und des Abbaus von Arbeitsplätzen

Ein arbeitseinsparender technischer Fortschritt, wie er in den Abbildungen 16.2 und 16.3 dargestellt ist, ermöglicht es, mit einem gegebenen Arbeitsaufwand mehr zu produzieren, sowie zur Ausweitung der Produktion beizutragen. Indem der technische Fortschritt Anreize für Investitionen schafft, kompensiert er einen Teil der Arbeitsplätze, die aufgrund der arbeitssparenderen Technologien abgebaut wurden. Er kann sogar mehr Arbeitsplätze schaffen, als zuvor vorhanden waren. Wenn in einem bestimmten Jahr mehr Arbeitsplätze geschaffen als abgebaut werden, steigt die Beschäftigung. Wenn mehr Arbeitsplätze abgebaut als geschaffen werden, sinkt die Beschäftigung.

Bestand
Eine Menge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessen wird. Ihre Einheiten sind nicht von der Zeit abhängig. Siehe auch: Flussgröße.
Flussgröße
Eine pro Zeiteinheit gemessene Größe, wie zum Beispiel das Jahreseinkommen oder der Stundenlohn.

Wir wissen, dass es zu jedem Zeitpunkt einige Menschen gibt, die unfreiwillig arbeitslos sind. Sie würden lieber arbeiten, haben aber keine Anstellung. Die Zahl der Arbeitslosen ist eine Bestandsvariable, die ohne zeitliche Dimension gemessen wird. Sie ändert sich von Tag zu Tag oder von Jahr zu Jahr, da einige arbeitslose Personen eingestellt werden (oder die Arbeitssuche aufgeben), andere ihren Arbeitsplatz verlieren und wieder andere sich zum ersten Mal auf Arbeitssuche begeben (zum Beispiel junge Menschen, die die Schule oder Universität verlassen). Diejenigen, die keine Arbeit haben, werden manchmal als „Pool“ von Arbeitslosen bezeichnet: Diejenigen, die eine Arbeit finden oder die Suche nach einer Arbeit aufgeben, verlassen den Pool, während diejenigen, die ihre Arbeit verlieren, in den Pool eintreten. Die Anzahl der Personen, die Arbeit finden und verlieren, ist eine Flussvariable.

Der gesamte Umverteilungsprozess von Arbeitsplätzen beinhaltet sowohl die Entstehung als auch den Abbau von Arbeitsplätzen. Die Differenz aus Entstehung und Abbau ist das Nettowachstum der Beschäftigung, welches üblicherweise klein und positiv ist.

Abbildung 16.4 zeigt den Abbau und die Entstehung von Arbeitsplätzen, sowie das Nettobeschäftigungswachstum in einigen Ländern. Man beachte, dass in England von 1980 bis 1998 mehr Arbeitsplätze abgebaut als entstanden sind: Das Nettobeschäftigungswachstum war negativ. In einer Reihe von Ländern mit unterschiedlichem Entwicklungsstand und unterschiedlicher Offenheit gegenüber internationalen Handel ist eine recht ähnliche Rate der Arbeitsplatzverlagerung zu beobachten. In den meisten Ländern wird jedes Jahr etwa ein Fünftel der Arbeitsplätze geschaffen oder abgebaut, trotz sehr unterschiedlicher Raten des Nettobeschäftigungswachstums.

Arbeitsplatzabbau, Arbeitsplatzentstehung und Nettobeschäftigung in einzelnen Ländern.
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Abbildung 16.4 Arbeitsplatzabbau, Arbeitsplatzentstehung und Nettobeschäftigung in einzelnen Ländern.

John Haltiwanger, Stefano Scarpetta, und Helena Schweiger. 2014. ‘Cross Country Differences in Job Reallocation: The Role of Industry, Firm Size and Regulations’Labour Economics (26): pp. 11–25.

Stellen Sie sich nun ein Wirtschaftssystem vor, in dem jedes Jahr 2 % neue Arbeitsplätze entstehen und der Abbau von Arbeitsplätzen verboten ist (das heißt, die Arbeitsplatzabbaurate ist gleich Null). Diese Wirtschaft würde ebenfalls ein Nettobeschäftigungswachstum von 2 % verzeichnen. Das könnte eine Wirtschaftsplanerin oder einen Wirtschaftsplaner versuchen zu erreichen. Aber Abbildung 16.4 zeigt, dass eine kapitalistische Wirtschaft in der Praxis so nicht funktioniert: Es gibt keine Wirtschaftsplaner:innen. Der Wettbewerb und die Aussicht auf die Erzielung ökonomischer Renten führen dazu, dass die Entstehung einiger Arbeitsplätze häufig mit dem Abbau anderer einhergeht.

Um zu verstehen, wie die Entstehung und der Abbau von Arbeitsplätzen in einer Industrie vonstatten gehen, betrachten wir die Auswirkungen der Revolution der Informationstechnologie im US-Einzelhandel seit den 1990er Jahren. Die Einführung von Systemen, die Registrierkassen elektronisch mit Scannern, Kreditkartenverarbeitungsgeräten und Managementsystemen für Inventare und Kundenbeziehungen verbinden, ermöglichte eine enorme Steigerung des Outputs pro beschäftigter Person. Man denke nur an das Volumen der Einzelhandelstransaktionen, die pro Person an der Kasse in einer neuen Einzelhandelsfiliale abgewickelt werden können.

Die Forschung zeigt, dass der Anstieg der Arbeitsproduktivität im Einzelhandel ausschließlich auf produktivere Niederlassungen (wie Geschäfte oder Fabriken) zurückzuführen ist. Diese produktiveren Niederlassungen haben die weniger produktiven verdrängt (einschließlich älterer Einrichtungen desselben Unternehmens sowie Geschäfte und Anlagen im Besitz anderer Unternehmen, in denen Arbeitsplätze verloren gingen).

In Abbildung 7.1 der Einheit 7 haben wir die massive Ausweitung der Beschäftigung in dem US-amerikanischen Unternehmen Walmart dargestellt. Das Wachstum von Walmart beruhte zum Teil auf der Eröffnung effizienterer Filialen außerhalb der Städte, die durch neue Technologien im Einzel- und Großhandel ermöglicht wurde.

Für das verarbeitende Gewerbe zeigen detaillierte, bei allen Unternehmen der Wirtschaft erhobene Daten, wie das Produktivitätswachstum durch die Entstehung und den Abbau von Arbeitsplätzen zustande kommt. Die Daten für Finnland aus den Jahren 1989 bis 1994 zeigen beispielsweise, dass 58 % des Produktivitätszuwachses innerhalb der Unternehmen stattfand (ähnlich wie beim Beispiel Walmart). Das Ausscheiden von Unternehmen mit niedriger Produktivität trug zu einem Viertel des Anstiegs bei, und 17 % wurden durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen und Produktion von Unternehmen mit niedriger zu solchen mit hoher Produktivität verursacht.

Die französische Bauindustrie ist ein weiteres Beispiel für die Verlagerung von Arbeitsplätzen von unproduktiv zu produktiven Unternehmen. Nach Angaben des französischen Nationalen Instituts für Statistik wurden in Unternehmen mit sehr niedriger Produktivität (untere 25 %) mehr Arbeitsplätze abgebaut als geschaffen. Zwischen 1994 und 1997 wurden in diesen Unternehmen 7,1 % der Arbeitsplätze neu geschaffen und 16,1 % abgebaut, das heißt, die Beschäftigung in diesen Unternehmen ging um 9,0 % zurück. Im Gegensatz dazu überstieg die Entstehung von Arbeitsplätzen den Abbau von Arbeitsplätzen (17,1 % gegenüber 11,8 %) in den produktivsten 25 % der Unternehmen des Baugewerbes.

Übung 16.2 Zurück zu Schumpeter

  1. In Einheit 2 haben wir erörtert, wie Joseph Schumpeter kapitalistische Volkswirtschaften durch den Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ charakterisiert hat. Erklären Sie in eigenen Worten, was dieser Begriff bedeutet.

  2. Nennen Sie auf der Grundlage dieser Definition Beispiele für Zerstörung und Entstehung und benennen Sie die gewinnenden und verlierenden Personen in der kurz- und langfristigen Perspektive.

16.3 Die Beveridge-Kurve und Veränderungen bei freien Stellen sowie arbeitssuchenden Personen

Verhandlungsmacht
Der Vorteil einer Person, sich einen größeren Anteil an der ökonomischen Rente zu sichern, die durch eine Interaktion realisiert wird.
prozyklisch
Entwickelt sich im Konjunkturzyklus tendenziell in dieselbe Richtung wie den gesamtwirtschaftlichen Output und die Beschäftigung. Siehe auch: antizyklisch.
antizyklisch
Entwicklung im Konjunkturzyklus, die tendenziell entgegengesetzt zum gesamtwirtschaftlichen Output und zur Beschäftigung verläuft.
azyklisch
Keine Tendenz, sich über den Konjunkturzyklus hinweg entweder in die gleiche oder in die entgegengesetzte Richtung des gesamtwirtschaftlichen Outputs und der Beschäftigung zu bewegen.

Arbeitsplätze werden von Eigentümer:innen und dem Management geschaffen und abgebaut. Sie machen dies um Schumpetersche Innovationsrenten zu erzielen und als Reaktion auf den Wettbewerbs­druck auf den Absatzmärkten. Für die meisten Beschäftigten bedeutet dies, dass nichts von Dauer ist: Im Laufe eines Lebens wechseln die Menschen (oft nicht freiwillig) ihre Arbeitsplätze. Manchmal wechseln sie von einem Arbeitsplatz zum anderen, manchmal aber auch in die Arbeitslosigkeit hinein, beziehungsweise aus der Arbeitslosigkeit heraus.

In Einheit 5 haben wir uns die Entscheidungen eines Arbeitgebers (Bruno) und einer Arbeitnehmerin (Angela) über ihre Arbeitszeiten und ihre Vergütung angesehen. Nachdem Brunos Waffe durch ein Rechtssystem und Verträge ersetzt wurde, haben wir gesehen, dass die Annahme eines Arbeitsplatzes eine freiwillige Vereinbarung ist, die zum gegenseitigen Vorteil getroffen wird. Die Verhandlungsmacht mag ungleich verteilt gewesen sein, aber der Austausch war nichtsdestotrotz freiwillig.

Wenn eine beschäftigte Person ihren Arbeitsplatz verlässt, kann dies freiwillig geschehen. Es kann sich aber auch um eine unfreiwillige vorübergehende Entlassung handeln (die zum Beispiel durch geringe Nachfrage für das Produkt des Unternehmens bedingt ist) oder um eine Entlassung (der Arbeitsplatz wurde gestrichen).

Es entstehen aber auch Arbeitsplätze, wie die Entwicklung des Abbaus und der Entstehung von Arbeitsplätzen für die USA in Abbildung 16.5 gezeigt wird. Die Entstehung von Arbeitsplätzen ist stark prozyklisch: Das bedeutet, dass sie während Booms steigt und in Rezessionen fällt. Umgekehrt ist der Abbau von Arbeitsplätzen antizyklisch: er nimmt in Rezessionen zu. Wäre die Veränderung einer Variablen nicht mit dem Konjunkturzyklus korreliert, würde man sie azyklisch nennen. Im nächsten Abschnitt wird gezeigt, wie politische Maßnahmen mit Fluktuationen von Arbeitsplätzen und beschäftigten Personen zusammenhängen.

Mitversicherung
Ein Mittel zum Zusammenlegen von Ersparnissen zwischen den Haushalten, damit ein Haushalt seinen Konsum aufrechterhalten kann, wenn sein Einkommen vorübergehend sinkt oder er höhere Ausgaben tätigen muss.
Beveridge-Kurve
Das umgekehrte Verhältnis zwischen der Arbeitslosenquote und der Quote der offenen Stellen (jeweils ausgedrückt als Anteil an den Erwerbspersonen). Benannt nach dem gleichnamigen britischen Ökonomen.

Der Prozess der Reallokation von Arbeitsplätzen und die Fähigkeit der Regierung, eine Mitversicherung anzubieten, machten den englischen Ökonomen und Politiker Lord William Beveridge (1879–1963) zum Gründervater des Sozialversicherungssystems in England. Er ist den Ökonominnen und Ökonomen auch deshalb in Erinnerung geblieben, weil sie Beveridge wie Bill Phillips eine ihrer höchsten Ehrungen zuteil werden ließen: Sie benannten die Beveridge-Kurve nach ihm.

Wir sind dem Konzept der Mitversicherung in Einheit 13 begegnet, als wir erklärt haben, wie Haushalte, die in einer bestimmten Periode Glück hatten, und ihre Ersparnisse nutzten, um einem vom Pech verfolgten Haushalt zu helfen. Außerdem sind wir der Mitversicherung in Einheit 14 begegnet, als wir erklärt haben, wie das korrelierte Risiko den Nutzen der Mitversicherung einschränkt, was dazu beiträgt, die Rolle der Regierung bei der Bereitstellung einer Mitversicherung durch ein System von Arbeitslosengeld zu erklären.

Entstehung und Abbau von Arbeitsplätzen während der Konjunkturzyklen in den USA (2000 Q1–2010 Q2).
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Abbildung 16.5 Entstehung und Abbau von Arbeitsplätzen während der Konjunkturzyklen in den USA (2000 Q1–2010 Q2).

Steven J. Davis, R. Jason Faberman und John C Haltiwanger. 2012. ‘Recruiting Intensity During and After the Great Recession: National and Industry Evidence’. American Economic Review 102 (3): pp. 584–588.

Die Beveridge-Kurve

Beveridge stellte eine einfache Beziehung zwischen der Leerstandsquote (die Anzahl der verfügbaren Arbeitsplätze) und der Höhe der Arbeitslosigkeit (die Anzahl der Arbeitssuchenden) her, ausgedrückt als Anteil an den Erwerbspersonen.

Beveridge stellte fest, dass bei hoher Arbeitslosigkeit die Leerstandsquote niedrig und bei niedriger Arbeitslosigkeit die Leerstandsquote hoch war:

  • In Rezessionen gibt es eine hohe Arbeitslosigkeit: Wenn die Nachfrage nach den Produkten eines Unternehmens zurückgeht oder nur langsam wächst, können die Unternehmen mit ihrem derzeitigen Personal auskommen, selbst wenn einige von ihnen kündigen oder in den Ruhestand gehen. Infolgedessen schreiben sie weniger Stellen aus. Bei einer schwachen Nachfrage nach den Produkten der Unternehmen werden Menschen entlassen oder ihre Arbeitsplätze ganz abgebaut.
  • Während eines Booms geht die Arbeitslosigkeit zurück: Die Zahl der von den Unternehmen ausgeschriebenen offenen Stellen nimmt zu, und es werden mehr Personen eingestellt, um die steigende Nachfrage nach Produkten bewältigen zu können.

Die abwärts gerichtete Beziehung zwischen der Leerstandsquote und der Arbeitslosenquote über den Konjunkturzyklus hinweg wird in Abbildung 16.6 veranschaulicht. Sie zeigt zwei Beispiele für die so genannte Beveridge-Kurve anhand von Daten aus Deutschland und den USA. Jeder Punkt steht für ein Quartal, von 2001 Q1 bis 2021 Q2.

Beveridge-Kurven für die USA und Deutschland (2001 Q1–2021 Q2).
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Abbildung 16.6 Beveridge-Kurven für die USA und Deutschland (2001 Q1–2021 Q2).

OECD Employment Outlook and OECD Labour Force Statistics: OECD. 2021. OECD Statistics.

Warum gibt es offene Stellen, die nicht besetzt werden, und gleichzeitig arbeitslose Personen, die einen Job suchen? Wir können uns bewusst machen, dass das Matching in vielen Bereichen des Lebens schwierig ist. Denken Sie zum Beispiel an unser Liebesleben: Wie oft sind wir auf der Suche nach einer perfekten Partnerschaft, finden aber keine passende Person?

Arbeitsmarktgleichgewicht
Die Kombination aus Reallohn und Beschäftigungsniveau, die durch den Schnittpunkt der Lohnsetzungskurve und der Preissetzungskurve bestimmt wird. Dies ist das Nash-Gleichgewicht des Arbeitsmarktes, da weder die Unternehmen noch die Beschäftigten durch eine Änderung ihres Verhaltens eine Verbesserung erreichen könnten. Siehe auch: Gleichgewichtsarbeitslosigkeit, inflationsstabilisierende Arbeitslosenquote.

Einige Faktoren verhindern, dass neu arbeitslose Menschen mit neu ausgeschriebenen Stellen zusammengebracht werden (wir nennen diesen Prozess Matching auf dem Arbeitsmarkt):

  • Eine Diskrepanz zwischen dem Ort sowie den Fähigkeiten der Arbeitssuchenden und den verfügbaren Stellen: Das hängt manchmal mit den von den Unternehmen geforderten Qualifikationen und den Qualifikationen der Arbeitssuchenden zusammen. Ein Beispiel: Untersuchungen erklären, dass einer der Gründe für die Ineffizienz des US-amerikanischen Arbeitsmarktes in den letzten Jahren darin besteht, dass sich die offenen Stellen auf einige wenige Industrien konzentrieren. Die Ingenieurin und der Ingenieur, deren Stellen kürzlich gestrichen wurden, verfügen möglicherweise nicht über die erforderlichen Computerkenntnisse, um die freien Stellen in der Rechnungsabteilung des Unternehmens zu besetzen. Oder die entlassenen Personen und die freien Stellen befinden sich in verschiedenen Teilen des Landes. In ein anderes Gebiet zu ziehen, um einen Arbeitsplatz zu finden, würde bedeuten, dass die Beziehungen zur Nachbarschaft, zu Schulen und Verwandten abgebrochen werden.
  • Sowohl die Arbeitssuchenden als auch die einstellenden Unternehmen verfügen möglicherweise nicht über die notwendigen Informationen: Wie wir in Einheit 6 gesehen haben, suchen Agierende in der Wirtschaft mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen—in diesem Beispiel Arbeitssuchende und Unternehmen—nach Möglichkeiten ihren Nutzen durch Handel zu vergrößern. Aber in diesem Fall wissen Unternehmen und die Arbeitsuchenden möglicherweise nichts voneinander. Obwohl wir wissen, dass das Internet (eine Technologie) diesen Informationsfluss verbessert.5

Das Matching sollte einfacher sein, wenn es einen größeren Pool von Arbeitslosen gibt, aus dem man auswählen kann. Die Beobachtung einer Kombination aus hoher Arbeitslosigkeit und einer hohen Zahl offener Stellen ist ein Indikator für die Ineffizienz des Matching-Prozesses auf dem Arbeitsmarkt.

Bei den in Abbildung 16.6 dargestellten deutschen und amerikanischen Beveridge-Kurven sind drei Dinge zu beachten:

  • Beide Kurven sind erwartungsgemäß fallend: Die US-Daten schwanken zwischen Leerstandsquoten von etwa 3 % und 5 % und Arbeitslosenquoten zwischen 3 % und 4 % (am Höhepunkt des Konjunkturzyklus) bis hin zu Leerstandsquoten von etwas über 2 % und einer Arbeitslosigkeit von etwa 6 % (am Tiefpunkt des Zyklus). Ein ähnliches Muster zeigt sich auch, wenn wir mehr Ausreißerdaten wie die von 2020 Q2 bis 2021 Q2 betrachten.
  • Die Lage der Beveridge-Kurve der einzelnen Länder ist unterschiedlich: Der deutsche Arbeitsmarkt scheint besser in der Lage zu sein, arbeitssuchende Personen mit Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen, zusammenzubringen. Dies lässt sich daran erkennen, dass die Quote der offenen Stellen in Deutschland in jedem Jahr niedriger ist als in den USA, obwohl beide Länder eine ähnliche Bandbreite an Arbeitslosenquoten aufwiesen. In Deutschland waren also weniger offene Stellen unbesetzt.
  • Beide Kurven haben sich im Laufe des Jahrzehnts verschoben: Die deutsche Kurve, die den Zeitraum 2001 Q1 bis 2005 Q1 zeigt, wandte sich dem Ursprung zu und wurde eine neue Beveridge-Kurve für den Zeitraum 2009 Q2 bis 2012 Q1. Diese Beveridge-Kurve lag näher am Ursprung und wies in Summe geringere Leerstandsquoten und Arbeitslosenquoten auf als zuvor.

Wie kam es zu dieser Verbesserung auf dem deutschen Arbeitsmarkt? Neue politische Maßnahmen, die so genannten Hartz-Reformen, scheinen gewirkt zu haben. Die Hartz-Reformen, die zwischen 2003 und 2005 in Kraft traten, boten den arbeitsuchenden Personen mehr Hilfestellung bei der Arbeitssuche und senkten die Höhe des Arbeitslosengeldes früher, um den Arbeitslosen einen stärkeren Anreiz zur Suche zu geben.6

Auch in den USA verschob sich die Kurve. Aber im Gegensatz zu Deutschland verschlechterten sich die Bedingungen. Für den Zeitraum 2001 Q1 bis 2009 Q2 scheinen sich die USA entlang einer Kurve zu bewegen. Danach entfernt sich die Kurve vom Ursprung und scheint dann eine neue Kurve zu bilden, die oberhalb und rechts von der älteren Kurve liegt, was darauf hindeutet, dass der amerikanische Arbeitsmarkt beim Matching zwischen arbeitsuchenden Personen und offen Arbeitsplätzen an Effizienz verloren hat. Zwischen 2001 und 2008 wurden durch den Konjunkturzyklus landesweit in allen Industrien Arbeitskräfte auf die übliche Art und Weise entlassen, sodass es keine große geografische und qualifikatorische Diskrepanz zwischen arbeitssuchenden Personen und freien Arbeitsplätzen gab - warum also hat sich die Beveridge-Kurve verschoben?

  • Viele Entlassungen in einer Industrie: Die globale Finanzkrise zwischen 2008 und 2009 und die darauf folgende Rezession betraf insbesondere den Immobilienbau. Es kam zu einer qualifikationsbedingten Nichtübereinstimmung zwischen den Arbeitslosen und den verfügbaren Stellen.
  • Der Zusammenbruch der US-Häuserpreise: Als die Immobilienpreise fielen, saßen viele Hausbesitzende in einem Haus fest, das weniger wert war, als sie vorher bezahlt hatten. Sie konnten ihr Haus nicht verkaufen, um in einen anderen Teil des Landes mit mehr freien Stellen zu ziehen, was ihre Auswahl an verfügbaren Arbeitsplätzen einschränkte.7

Das Ergebnis war, dass sich die Wirtschaft in eine Situation bewegte, in der es bei einer gegebenen Anzahl von offenen Stellen eine höhere Arbeitslosigkeit gab.

Übung 16.3 Beveridge-Kurven und der deutsche Arbeitsmarkt

Den Beveridge-Kurven zufolge gelingt es dem deutschen Arbeitsmarkt besser, die arbeitsuchenden Personen mit den offenen Stellen zusammenzubringen, aber in einigen Zeiträumen (zum Beispiel 2001 Q1 bis 2005 Q1) war die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in Deutschland (Abbildung 16.6) höher als in den USA.

Überlegen Sie, welche Rolle die aggregierte Nachfrage spielen könnte (Abschnitt 13.2 über das Okunsche Gesetz und Abschnitt 14.10 über aggregierte Nachfrage und Arbeitslosigkeit). Welche Daten könnten verwendet werden, um Ihre Hypothese zu bestätigen?

Frage 16.3 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Die Grafik zeigt den Verlauf der Beveridge-Kurven für die USA und Deutschland für den Zeitraum 2001 Q1 bis 2021 Q2. Welche der folgenden Aussagen ist richtig?

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  • Die Beveridge-Kurven zeigen die negative Beziehung zwischen der Leerstandsquote und der Beschäftigungsquote.
  • Während der Finanzkrise 2008–9 gelang dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt das Matching arbeitsuchender Personen mit offenen Stellen besser.
  • Die Beveridge-Kurve in den USA hat sich nach der Finanzkrise verschoben, wodurch sich das Matching verbesserte.
  • Das Matching in Deutschland verbesserte sich, nachdem sich die Beveridge-Kurve im Jahr 2007 verschoben hatte.
  • Beveridge-Kurven stellen das Verhältnis zwischen der Leerstandsquote und der Arbeitslosenquote dar.
  • Während der globalen Finanzkrise war die gleiche Leerstandsquote mit einem höheren Wert der Arbeitslosigkeit verbunden, was auf eine größere Ineffizienz des Matchings hinweist.
  • Die Rechtsverschiebung der Beveridge-Kurve in den USA deutet darauf hin, dass der Prozess des Matchings ineffizienter wurde.
  • Die deutsche Beveridge-Kurve hat sich im Laufe der Zeit nach links verschoben, was bedeutet, dass eine gleiche Leerstandsquote mit einem niedrigeren Wert der Arbeitslosigkeit verbunden war. Der Prozess des Matchings wurde also effizienter.

16.4 Investitionen, Unternehmensgründungen und die Preissetzungskurve auf lange Frist

In Abbildung 16.1 haben wir die bemerkenswerte Divergenz der Arbeitslosenquoten in einzelnen Volkswirtschaften gesehen, die in den 1970er Jahren begann. Im jüngsten Zeitraum, der in der Abbildung dargestellt ist, verzeichneten europäische Länder wie Spanien, Griechenland oder Frankreich sehr hohe Arbeitslosenquoten, die von etwa 10 % in Frankreich bis zu mehr als 15 % in Spanien reichten, während in anderen Ländern, insbesondere in Ostasien (Südkorea, Japan) und in anderen Ländern Europas (Österreich, Norwegen, Niederlande, Schweiz und Deutschland), die Arbeitslosigkeit zwischen 5 und 6 % lag.

Um die wichtigsten Trends im Zeitverlauf und die Unterschiede in der Arbeitslosenquote zwischen den Ländern zu erklären, erweitern wir die Konzepte aus früheren Einheiten, um ein langfristiges Modell zu entwickeln. In diesem langfristigen Modell können sich Dinge, die sich nur langsam verändern und die in mittelfristigen oder kurzfristen Modellen als konstant angenommen werden—zum Beispiel die Größe des Kapitalbestands und die in der Wirtschaft tätigen Unternehmen—vollständig veränderte wirtschaftliche Bedingungen anpassen.

Die langfristigen Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft

Die Arbeitslosenquote wird langfristig davon abhängen, wie gut die Politik und die Institutionen eines Landes die beiden großen Anreizprobleme einer kapitalistischen Wirtschaft lösen:

Enteignungsrisiko
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vermögen (zum Bespiel eines Unternehmens) von der Regierung oder einem anderen weggenommen wird.
  • Arbeitsanreize: Beschäftigte müssen Arbeitseinsatz zeigen, auch wenn es schwierig ist, Verträge zu entwerfen und durchzusetzen, die dies erreichen (wie wir in Einheit 6 gesehen haben).
  • Investitionsanreize: Die Eigentümer:innen von Unternehmen müssen in die Entstehung von Arbeitsplätzen investieren, selbst wenn sie im Ausland investieren oder sie ihre Gewinne einfach für den Kauf von Konsumgütern nutzen können und so gar nicht investieren würden. Wie wir in Einheit 14 gesehen haben, berücksichtigen Unternehmen bei ihren Investitionsent­scheidungen nicht nur die Gewinnrate nach Steuern, sondern auch das Risiko nachteiliger Veränderungen, wie nachteilige Gesetze oder sogar die Beschlagnahmung ihres Eigentums, was als Enteignungsrisiko bezeichnet wird. So wie die Beschäftigten nicht zu harter Arbeit gezwungen werden können, sondern dazu motiviert werden müssen, so können auch die Unternehmen nicht gezwungen werden, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder bestehende zu erhalten.

Eine gleichzeitige Lösung beider Probleme würde eine niedrige Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig rasch steigenden Löhnen bedeuten. Aber die Art und Weise, wie eines dieser Probleme angegangen wird, kann die Lösung des anderen Problems erschweren. So können Maßnahmen, die zu sehr hohen Löhnen führen, zwar die Beschäftigten dazu veranlassen, hart zu arbeiten, jedoch den Eigentümer:innen von Unternehmen wenig Anreiz bieten, in die Schaffung neuer Produktionskapazitäten und Arbeitsplätze zu investieren.8

Im nächsten Abschnitt werden wir sehen, dass sich die Länder darin unterscheiden, wie erfolgreich sie diese beiden Anreizprobleme adressieren.

Lohnsetzungskurve
Die Kurve, die den Reallohn angibt, der bei jedem gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsniveau erforderlich ist, um den Beschäftigten Anreize für harte und gute Arbeit zu bieten.

Die Lohnsetzungskurve, die wir in den Einheiten 6, 9, 14 und 15 verwendet haben, zeigt, dass die Löhne höher sein müssen, wenn die Beschäftigten erwarten, dass sie leicht eine neue Stelle finden, oder wenn sie ein großzügiges Arbeitslosengeld erhalten, was beides die erwarteten Kosten des Arbeitsplatzverlustes verringert. Dies ist der Grund, warum die Lohnsetzungskurve positiv mit dem Beschäftigungsniveau zusammenhängt und warum eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes die Kurve nach oben verschiebt.

Preissetzungskurve
Die Kurve, die den Reallohn angibt, der gezahlt wird, wenn die Unternehmen ihren gewinnmaximierenden Preis wählen.

Die notwendigen Anreize für Investitionen von Eigentümer:innen von Unternehmen werden durch die Preissetzungskurve im Arbeitsmarktmodell dargestellt (Einheit 9).

Wir werden das Arbeitsmarktmodell auf die lange Frist ausdehnen, indem wir zulassen, dass Unternehmen in den Markt ein- und austreten und Eigentümer:innen den Kapitalbestand ausbauen oder reduzieren können. Zur Vereinfachung nehmen wir an, dass alle Unternehmen eine bestimmte Größe haben und dass der Kapitalbestand einfach durch das Hinzufügen oder Abziehen von Unternehmen wächst oder schrumpft. Wir nehmen an, dass es konstante Skalenerträge gibt, sodass auf lange Frist ein prozentualer Anstieg der Beschäftigung einen gleichen prozentualen Anstieg des Kapitals bedeutet.

Wir definieren das langfristige Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt als eine Situation, in der nicht nur die Reallöhne und das Beschäftigungsniveau, sondern auch die Zahl der Unternehmen konstant ist (denken Sie daran, dass das Gleichgewicht immer dadurch definiert ist, dass sich etwas nicht von selbst ändert, es sei denn, es gibt irgendeine Kraft für Veränderungen, die im Modell nicht berücksichtigt wird).

Es gibt zwei Bedingungen, die bestimmen, wie sich die Zahl der Unternehmen verändern kann:

  • Ausstieg eines Unternehmens aufgrund eines niedrigen Preisaufschlags: Eigentümer:innen können ihr Kapital abziehen oder sogar Unternehmen schließen, wenn der bestehende Preisaufschlag zu niedrig ist. Das heißt wenn die erwartete Gewinnrate nach Steuern im Vergleich zu den alternativen Verwendungsmöglichkeiten des Vermögens der Eigentümer:innen nicht attraktiv ist. Diese alternativen Verwendungszwecke könnten Investitionen in ausländische Tochtergesellschaften, die Auslagerung eines Teils des Produktionsprozesses, der Kauf von Staatsanleihen oder die Ausschüttung der Gewinne als Dividenden an die Eigentümer:innen sein. In diesem Fall sinkt die Zahl der Unternehmen.
  • Eintritt eines Unternehmens aufgrund eines hohen Preisaufschlags: Wenn der Preisaufschlag hoch genug ist, zieht die daraus resultierende hohe Gewinnrate neue Unternehmen an, die in die Wirtschaft eintreten.

Wann ist ein Unternehmensausstieg aufgrund eines zu niedrigen Preisaufschlags wahrscheinlich? Das ist der Fall, wenn der Markt aufgrund einer großen Zahl konkurrierender Unternehmen sehr wettbewerbsintensiv ist. Dadurch ist die Elastizität der Nachfrage nach den Produkten des Unternehmens hoch, was zu einem geringen Preisaufschlag führt. Wenn es „zu viele“ Unternehmen gibt, um einen ausreichend hohen Preisaufschlag aufrechtzuerhalten, werden Unternehmen aus dem Markt aussteigen, was den Preisaufschlag tendenziell erhöhen wird.

Wenn es nur wenige Unternehmen gibt, ist der Wettbewerb begrenzt, der Preisaufschlag hoch und die daraus resultierende Gewinnrate ausreichend, um neue Unternehmen anzulocken. Infolgedessen wird die Wirtschaft wettbewerbsintensiver und der Preisaufschlag sinkt.

Das bedeutet, dass der Preisaufschlag eine Tendenz zur Selbstkorrektur hat. Wenn er niedrig ist, werden Unternehmen aussteigen, woraufhin der Preisaufschlag steigen wird, und wenn er zu hoch ist, werden Unternehmen eintreten, woraufhin der Preisaufschlag sinken wird.

Abbildung 16.7a veranschaulicht diesen Prozess, indem sie zeigt, wie die Anzahl der Unternehmen mit dem gewinnmaximierenden Preisaufschlag zusammenhängt. Für jede Unternehmensanzahl gibt die fallende Linie den Gewinnaufschlag an, der die Gewinne des Unternehmens maximiert. Sie fällt, weil:

  • Je mehr Unternehmen es gibt, desto stärker ist der Wettbewerb in der Wirtschaft.
  • Das bedeutet, dass die Unternehmen beim Verkauf ihrer Produkte mit einer höheren Nachfrageelastizität konfrontiert sind (weniger „steile“ Nachfragekurven).
  • Der Preisaufschlag, der die Gewinne des Unternehmens maximiert, wird sinken, denn wie wir in Einheit 7 gesehen haben, ist der Preisaufschlag μ gleich 1/(Elastizität der Nachfrage).

Die andere Linie in der Abbildung ist waagerecht und zeigt den Preisaufschlag, der gerade ausreicht, um die bestehende Anzahl von Unternehmen zu erhalten. Wir nennen ihn μ*. Befolgen Sie die Schritte der Analyse in Abbildung 16.7a, um zu sehen, warum die Anzahl der Unternehmen bei 210 stabil bleibt.

Eintritt und Austritt von Unternehmen und das Gleichgewicht des Preisaufschlag.
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Abbildung 16.7a Eintritt und Austritt von Unternehmen und das Gleichgewicht des Preisaufschlag.

Der gewinnmaximierende Preisaufschlag
: Die fallende Linie gibt den Preisaufschlag an, der den Gewinn des Unternehmens bei einer gegebenen Anzahl von Unternehmen maximiert. Die Anzahl der Unternehmen ist konstant und beträgt 210 bei dem Preisaufschlag μ* im Gleichgewicht.
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Der gewinnmaximierende Preisaufschlag

Die fallende Linie gibt den Preisaufschlag an, der den Gewinn des Unternehmens bei einer gegebenen Anzahl von Unternehmen maximiert. Die Anzahl der Unternehmen ist konstant und beträgt 210 bei dem Preisaufschlag μ* im Gleichgewicht.

Wettbewerb und Anzahl der Unternehmen
: Je mehr Unternehmen es gibt, desto wettbewerbsfähiger ist die Wirtschaft, was zu einer höheren Nachfrageelastizität und einem niedrigeren Preisaufschlag führt.
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Wettbewerb und Anzahl der Unternehmen

Je mehr Unternehmen es gibt, desto wettbewerbsfähiger ist die Wirtschaft, was zu einer höheren Nachfrageelastizität und einem niedrigeren Preisaufschlag führt.

Austritt von Unternehmen
: Bei 250 Unternehmen liegt der Preisaufschlag unter μ* und die Unternehmen werden aussteigen.
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Austritt von Unternehmen

Bei 250 Unternehmen liegt der Preisaufschlag unter μ* und die Unternehmen werden aussteigen.

Eintritt von Unternehmen
: Bei 190 Unternehmen ist die Wirtschaft bei B und der Preisaufschlag übersteigt μ*, sodass neue Unternehmen eintreten werden.
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Eintritt von Unternehmen

Bei 190 Unternehmen ist die Wirtschaft bei B und der Preisaufschlag übersteigt μ*, sodass neue Unternehmen eintreten werden.

Überlegen Sie nun anhand von Abbildung 16.7a, was passieren würde, wenn infolge eines Regierungswechsels das Risiko der Enteignung von Privatbesitz durch die Regierung sinken würde. Dies ist eine Verbesserung der Bedingungen für den Betrieb eines Unternehmens und könnte Änderungen in der Gesetzgebung beinhalten, die die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Regierung Unternehmen übernimmt oder unvorhersehbare Änderungen in der Besteuerung durchführt. Bei besseren Geschäftsbedingungen ist ein niedrige­rer Preisaufschlag für Unternehmen erforderlich, um in dieser Wirtschaft tätig zu sein. Folgen Sie den Schritten in Abbildung 16.7b, um zu sehen, wie dies zu einem Anstieg der Zahl der Unternehmen im Gleichgewicht führt.

Eine Verbesserung der Bedingungen für Unternehmen: Eintritt und Austritt von Unternehmen und das Gleichgewicht des Preisaufschlag.
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Abbildung 16.7b Eine Verbesserung der Bedingungen für Unternehmen: Eintritt und Austritt von Unternehmen und das Gleichgewicht des Preisaufschlag.

Verbesserte Bedingungen für Unternehmen
: Niedrigerer Preisaufschlag im Gleichgewicht. Der bestehende Preisaufschlag bei A ist nun „zu hoch“.
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Verbesserte Bedingungen für Unternehmen

Niedrigerer Preisaufschlag im Gleichgewicht. Der bestehende Preisaufschlag bei A ist nun „zu hoch“.

Neue Unternehmen treten ein
: Die Wirtschaft wächst, bis es 250 Unternehmen gibt.
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Neue Unternehmen treten ein

Die Wirtschaft wächst, bis es 250 Unternehmen gibt.

Vom Preisaufschlag im Gleichgewicht zur Preissetzungskurve in der langen Frist

Sobald wir den Preisaufschlag μ* und das Durchschnittsprodukt der Arbeit λ kennen, kennen wir auch den Reallohn w, der sich daraus ergeben muss: Der Reallohn ist der Anteil des Durchschnittsprodukts der Arbeit (oder, äquivalent, des Outputs pro beschäftigter Person), der nicht vom Unternehmen durch den Preisaufschlag beansprucht wird. Bei konstanten Skalenerträgen ist eine höhere Beschäftigung mit einem konstanten Output pro Person konsistent: die langfristige Preissetzungskurve ist flach. Wir stellen außerdem fest, dass in dem Modell die arbeitslosen und beschäftigten Personen identisch sind, da es im Arbeitsmarktgleichgewicht unfreiwillige Arbeitslosigkeit gibt.

Die langfristige Preissetzungskurve ist gegeben durch:

\[\begin{align*} w = \lambda (1-\mu^*) \end{align*}\]

Wie Abbildung 16.8 zeigt, ermöglicht diese Gleichung die Umrechnung des Preisaufschlag im Gleichgewicht in den gezahlten Reallohn. Der wiederum die Höhe der Preissetzungskurve widerspiegelt. Im linken Feld ist die Gleichung der Preissetzungskurve auf lange Frist als horizontale Linie dargestellt, mit dem Gewinnaufschlag im Gleichgewicht auf der horizontalen Achse und dem (Real-)Lohn auf der vertikalen Achse: Bei einem Preisaufschlag von Null ist der Lohn gleich dem Output pro beschäftigter Person; und wenn der Gewinn­aufschlag gleich 1 (oder entsprechend 100 %) ist, ist der Lohn gleich Null.

Abbildung 16.8 zeigt auf der rechten Seite die Preissetzungskurve bei verschiedenen Werten des langfristigen Preisaufschlags im Gleichgewicht. Auf der horizontalen Achse im Langfristmodell sehen wir die Beschäftigung mit konstantem Kapital pro beschäftigter Person. Die Faktoren, die die Preissetzungskurve auf lange Frist verschieben, lassen sich anhand ihrer Auswirkungen auf den Output je beschäftigter Person oder den Preisaufschlag zusammenfassen.

Die langfristige Preissetzungskurve ist umso höher:

  • je höher der Output pro beschäftigter Person ist
  • je niedriger der Preisaufschlag auf lange Frist ist, bei dem die Ein- und Austritte von Unternehmen gleich Null sind.
Veränderungen des langfristigen Preisaufschlags verschieben die Preissetzungskurve.
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Abbildung 16.8 Veränderungen des langfristigen Preisaufschlags verschieben die Preissetzungskurve.

Die langfristige Preissetzungskurve
: Im linken Teil der Abbildung ist die langfristige Preissetzungskurve als fallende Linie im Diagramm dargestellt, wobei der Preisaufschlag im Gleichgewicht auf der horizontalen Achse und der Lohn auf der vertikalen Achse liegt.
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Die langfristige Preissetzungskurve

Im linken Teil der Abbildung ist die langfristige Preissetzungskurve als fallende Linie im Diagramm dargestellt, wobei der Preisaufschlag im Gleichgewicht auf der horizontalen Achse und der Lohn auf der vertikalen Achse liegt.

Ein niedriger Preisaufschlag
: Ein niedriger langfristiger Preisaufschlag geht mit einer höheren langfristigen Preissetzungskurve einher.
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Ein niedriger Preisaufschlag

Ein niedriger langfristiger Preisaufschlag geht mit einer höheren langfristigen Preissetzungskurve einher.

Ein hoher Preisaufschlag
: Langfristige Preissetzungskurven sind bei höheren Preisaufschlägen niedriger.
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Ein hoher Preisaufschlag

Langfristige Preissetzungskurven sind bei höheren Preisaufschlägen niedriger.

Die langfristige Preissetzungskurve

Sobald wir den Preisaufschlag im Gleichgewicht μ* und die Arbeitsproduktivität λ kennen, wissen wir, dass der Reallohn w gegeben ist:

\[\begin{align*} w = \lambda (1-\mu^*) \end{align*}\]

w ist der Output pro beschäftigter Person, der nicht von den Unternehmen durch den Preisaufschlag beansprucht wird.

Was senkt den Preisaufschlag (bei dem Unternehmenseintritte und -austritte gleich Null sind)?

  • höherer Wettbewerb
  • geringeres Enteignungsrisiko für Eigentümer:innen in der Binnenwirtschaft
  • hochwertigere Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit: zum Beispiel besseres Humankapital oder bessere Infrastruktur
  • Erwartete Senkung des Steuersatzes auf lange Frist
  • geringere Opportunitätskosten des Kapitals (zum Beispiel ein niedrigerer Zinssatz für Anleihen)
  • geringere erwartete Gewinne aus ausländischen Investitionen
  • niedrigere erwartete langfristige Kosten für importierte Materialien

Übung 16.4 Messung der Investitionsbedingungen

Gehen Sie zur Doing Business-Datenbank der Weltbank.

  1. Sammeln Sie im Abschnitt „Topics“ Daten für 20 Länder Ihrer Wahl (Download) zu drei Merkmalen des Unternehmensumfelds, die sich auf den langfristigen Gewinnaufschlag auswirken. Begründen Sie Ihre Wahl der Merkmale.

Gehen Sie nun zur Datenbank DataBank der Weltbank.

  1. Laden Sie die Daten zum Pro-Kopf-BIP für die 20 Länder Ihrer Wahl herunter. Erstellen Sie für jedes Merkmal ein Streudiagramm mit dem Merkmal des Unternehmensumfelds (Rang) auf der horizontalen Achse und dem Pro-Kopf-BIP auf der vertikalen Achse. Fassen Sie die Beziehung zwischen den beiden Variablen (falls vorhanden) zusammen.

  2. Erklären Sie, warum ein gutes Unternehmensumfeld das Pro-Kopf-BIP erhöhen kann.

  3. Warum könnte ein hohes Pro-Kopf-BIP die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern?

  4. Erläutern Sie anhand Ihrer Antworten auf die Fragen 3 und 4, welche Schwierigkeiten bei der Interpretation der Beziehung zwischen zwei Variablen mithilfe eines Streudiagramms auftreten können.

Frage 16.4 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Abbildung 16.8 zeigt die Graphen der langfristigen Preissetzungskurve und des Preisaufschlags, bei dem sowohl der Eintritt als auch der Austritt eines Unternehmens gleich Null ist.

Welche der folgenden Aussagen ist richtig?

  • Eine Zunahme des Wettbewerbs in der Wirtschaft führt zu einer Senkung der Preissetzungskurve.
  • Ein niedrigerer Zinssatz führt zu einer niedrigeren Preissetzungskurve.
  • Eine geringere Produktivität der beschäftigten Personen führt zu einer höheren Preissetzungskurve bei einem gegebenen Preisaufschlag μ*.
  • Ein höheres Risiko der Enteignung von Unternehmen im Ausland führt zu einer höheren Preissetzungskurve.
  • Ein höherer Wettbewerbsgrad senkt den Preisaufschlag und hebt die Preissetzungskurve an.
  • Ein niedrigerer Zinssatz bedeutet niedrigere Opportunitätskosten des Kapitals. Daher ist die Gewinnrate, bei der der Eintritt in das Unternehmen und der Austritt aus dem Unternehmen gleich Null ist, niedriger, was bedeutet, dass der entsprechende Stundenlohn (dargestellt durch die Preissetzungskurve) höher ist.
  • Eine geringere Produktivität der beschäftigten Personen (λ) führt dazu, dass die Lohnsetzungskurve auf der linken Grafik nach unten rotiert (Drehpunkt μ* = 1 auf der horizontalen Achse). Dadurch verschieben sich die Preissetzungskurven für ein bestimmtes μ* nach unten.
  • Dadurch sinkt die erwartete Rendite von Investitionen im Ausland, wodurch die Gleichgewichtsgewinne im Inland und damit der Preisaufschlag sinken. Dies führt zu einer höheren Preissetzungskurve.

Frage 16.5 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Welche der folgenden Aussagen zum Modell des Arbeitsmarktes ist richtig?

  • Im kurz- und mittelfristigen Modell ist die Kapitalmenge fix, während im langfristigen Modell die Kapitalmenge variieren kann.
  • Der arbeitssparende technische Fortschritt erhöht die Arbeitslosigkeit sowohl kurz- als auch langfristig.
  • Auf lange Frist treten Unternehmen in den Markt ein, wenn der Preisaufschlag niedrig ist.
  • Auf lange Frist ist der Preisaufschlag unabhängig von der Zahl der Unternehmen.
  • So definieren wir die lange Frist.
  • Bei einem gegebenen Kapitalbestand erhöht der arbeitssparende technische Fortschritt die Arbeitslosigkeit, aber wenn der Kapitalbestand durch den Eintritt neuer Unternehmen wächst, sinkt die Arbeitslosigkeit und kann niedriger sein als ursprünglich.
  • Unternehmen treten ein, wenn der Preisaufschlag hoch ist, was eine höhere Gewinnrate bedeutet.
  • Der Preisaufschlag korrigiert sich selbst, wenn Unternehmen ein- und austreten: Ein hoher Preisaufschlag führt dazu, dass mehr Unternehmen eintreten, was zu einer Reduzierung des Preisaufschlags führt, während ein niedriger Preisaufschlag dazu führt, dass Unternehmen austreten, was zu einem Anstieg des Preisaufschlags führt.

16.5 Neue Technologien, Löhne und Arbeitslosigkeit auf lange Frist

Wir haben gesehen, dass entgegen den Befürchtungen der Ludditen der ständige Anstieg der in einer Arbeitsstunde produzierten Menge nicht zu einer ständig wachsenden Arbeitslosigkeit geführt hat. Es sind die Löhne, die im Durchschnitt gestiegen sind, nicht die Arbeitslosigkeit.

In vielen Ländern hat die Kombination aus technischem Fortschritt und Investitionen, die den Kapitalbestand erhöhen, die Arbeitsproduktivität in jeder Generation ungefähr verdoppelt. Unser Modell zeigt das Ergebnis: ein Anstieg des Reallohns, der mit ausreichend hohen Gewinnen einherging, um die Eigentümer:innen von Unternehmen zu weiteren Investitionen zu motivieren, anstatt ihr Vermögen anderweitig zu verwenden.

Die Ludditen waren zu Recht besorgt über die Not derjenigen, die aus ihrem Job entlassen wurden. Was sie übersehen haben, ist, dass die zusätzlichen Gewinne, die durch die Einführung der neuen Technologien möglich wurden, eine Art Selbstkorrektur bewirkten: zusätzliche Investitionen, die früher oder später zur Entstehung neuer Arbeitsplätze führen würden.

Die nach oben verschobene Preissetzungskurve wird in Abbildung 16.9a veranschaulicht. Sie zeigt den Status quo („alte Technologie“) mit dem langfristigen Gleichgewicht bei A und einem technologischen Fortschritt, der das langfristige Gleichgewicht nach B verschiebt. Bei Punkt B ist der Reallohn höher und damit auch die Beschäftigungsquote. Mit anderen Worten, die Arbeitslosenquote ist niedriger. Das Modell zeigt, dass der technische Fortschritt die Arbeitslosigkeit in der Gesamtwirtschaft nicht erhöhen muss.

Bevor wir die Erfahrungen mit der Arbeitslosigkeit in verschiedenen Ländern untersuchen, müssen wir verstehen:

  • Was bestimmt die Geschwindigkeit mit der die Arbeitsproduktivität gesteigert wird? Das wird durch die Verschiebung der Preissetzungskurve nach oben erklärt.
  • Wie bewegt sich die Wirtschaft von A nach B? Beides sind langfristige Gleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt.
Die langfristige Arbeitslosenquote und eine neue Technologie.
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Abbildung 16.9a Die langfristige Arbeitslosenquote und eine neue Technologie.

Das langfristige Gleichgewicht vor Einführung der neuen Technologie
: Das ist bei Punkt A.
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Das langfristige Gleichgewicht vor Einführung der neuen Technologie

Das ist bei Punkt A.

Technischer Fortschritt
: Dadurch verschiebt sich der Output pro beschäftigter Person und die Preissetzungskurve nach oben.
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Technischer Fortschritt

Dadurch verschiebt sich der Output pro beschäftigter Person und die Preissetzungskurve nach oben.

Die Auswirkungen des langfristigen Gleichgewichts auf die Beschäftigung
: Bei Punkt B ist der Reallohn höher und die Arbeitslosigkeit niedriger.
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Die Auswirkungen des langfristigen Gleichgewichts auf die Beschäftigung

Bei Punkt B ist der Reallohn höher und die Arbeitslosigkeit niedriger.

Neues Wissen und eine neue Technologie: Die Diffusionslücke der Innovation

Diffusionslücke
Die Zeitspanne zwischen der ersten Einführung einer Innovation und ihrer allgemeinen Nutzung. Siehe auch unter: Diffusion.

Oft dauert es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis eine verbesserte Technologie in einer Volkswirtschaft großflächig eingeführt wird. Diese Diffusionslücke verursacht Unterschiede in der Arbeitsproduktivität zwischen den fortschrittlichsten Unternehmen und den Unternehmen, die technologisch zurückliegen.

In England hat eine Studie ergeben, dass die Spitzenunternehmen mehr als fünfmal so produktiv sind wie die Unternehmen am unteren Ende. Ähnliche Produktivitätsunterschiede wurden auch in Unternehmen in Indien und China festgestellt. In der indonesischen Elektronikindustrie—einer Branche die Teil des wettbewerbsintensiven globalen Marktes ist—zeigen Daten der späten 1990er Jahren, dass die Unternehmen am 75. Perzentil achtmal so produktiv waren wie die am 25. Perzentil.

Die Unternehmen mit niedriger Produktivität bleiben im Geschäft, weil sie ihren Beschäftigten niedrigere Löhne zahlen und in vielen Fällen auch eine geringere Gewinnrate auf das Kapital der Eigentümer:innen akzeptieren. Die Schließung von Diffusionslücken kann die Geschwindigkeit, mit der neues Wissen und neue Managementpraktiken verbreitet werden, erheblich erhöhen.

Dies kann der Fall sein, wenn eine Gewerkschaft die Löhne so aushandelt, dass gleichwertige Beschäftigte in der gesamten Wirtschaft gleich bezahlt werden. Eine Folge davon ist, dass die am wenigsten produktiven Unternehmen (die auch niedrige Löhne zahlen) Lohnerhöhungen hinnehmen müssen, was einige dieser Unternehmen unrentabel macht und sie in den Ruin treibt. Die Gewerkschaft könnte auch politische Maßnahmen der Regierung unterstützen, die ergänzend dazu beitragen, das Aussteigen unproduktiver Unternehmen zu beschleunigen, indem sie die durchschnittliche Produktivität in der Wirtschaft erhöhen und die Preissetzungskurve nach oben verschieben. In diesem Fall können die Gewerkschaften dazu beitragen, die schöpferische Zerstörung herbeizuführen, anstatt sich ihr zu widersetzen.

Eigentümer:innen können sich ebenfalls am Prozess der schöpferischen Zerstörung beteiligen, indem sie nicht versuchen, das Leben unproduktiver Unternehmen zu verlängern, da sie wissen, dass ihr Untergang Teil des Prozesses zur Vergrößerung des Kuchens ist. In vielen Fällen handeln die Beschäftigten und Eigentümer:innen der rückständigen Unternehmen jedoch nicht in diesem Sinne. Sie werden durch Subventionen, Zölle und Rettungsaktionen geschützt, die zumindest eine Zeit lang das Überleben des unproduktiven Unternehmens und seiner Arbeitsplätze garantieren.

Die Geschwindigkeit, mit der sich die Preissetzungskurve der Wirtschaft nach oben verschiebt, hängt davon ab, welche Einstellungen zum Prozess der schöpferischen Zerstörung vorherrscht. Die Volkswirtschaften unterscheiden sich in dieser Hinsicht stark.

Anpassung an den technologischen Wandel: Die Anpassungslücke von Beschäftigung und Lohn

Die Volkswirtschaften unterscheiden sich auch darin, wie sie den Weg vom Status-quo-Gleichgewicht (A) zu einem neuen Gleichgewicht (B), wie in Abbildung 16.9b, zurücklegen.

Erinnern wir uns daran, dass die Preissetzungskurve im langfristigen Modell der Wert des Reallohns ist, bei dem Unternehmen weder in die Wirtschaft eintreten noch sie verlassen werden. Der Übergang von Punkt A (bei 6 % Arbeitslosigkeit) zu Punkt B (bei 4 % Arbeitslosigkeit) erfolgte also, weil Unternehmen in die Wirtschaft eintraten, ein Prozess, der eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Was ist auf dem Weg dorthin passiert? Folgen Sie den Schritten der Analyse in Abbildung 16.9b, um eine mögliche Entwicklung nachzuvollziehen.

Die langfristige Arbeitslosenquote und neue Technologien.
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Abbildung 16.9b Die langfristige Arbeitslosenquote und neue Technologien.

Die Reaktion auf eine neue Technologie
: Eine neue Technologie bedeutet, dass weniger Beschäftigte die gleiche Menge produzieren können. Wie passt sich die Wirtschaft an?
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Die Reaktion auf eine neue Technologie

Eine neue Technologie bedeutet, dass weniger Beschäftigte die gleiche Menge produzieren können. Wie passt sich die Wirtschaft an?

Die Einführung der neuen Technologie
: Die neue Technologie verdrängt zunächst eine erhebliche Zahl Beschäftigter von ihren Arbeitsplätzen. Bei Punkt D ist der Lohn gleich, aber es gibt weniger Arbeitsplätze.
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Die Einführung der neuen Technologie

Die neue Technologie verdrängt zunächst eine erhebliche Zahl Beschäftigter von ihren Arbeitsplätzen. Bei Punkt D ist der Lohn gleich, aber es gibt weniger Arbeitsplätze.

Wirtschaftliche Gewinne sind bei D hoch
: Neue Unternehmen werden in die Wirtschaft gelockt und die Investitionen steigen. Die Arbeitslosigkeit geht schließlich zurück, wenn sich die Wirtschaft von D nach E bewegt.
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Wirtschaftliche Gewinne sind bei D hoch

Neue Unternehmen werden in die Wirtschaft gelockt und die Investitionen steigen. Die Arbeitslosigkeit geht schließlich zurück, wenn sich die Wirtschaft von D nach E bewegt.

Die Löhne steigen
: Bei geringerer Arbeitslosigkeit müssen die Unternehmen höhere Löhne zahlen, um eine angemessene Anstrengung der Beschäftigten sicherzustellen. Die Löhne steigen.
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Die Löhne steigen

Bei geringerer Arbeitslosigkeit müssen die Unternehmen höhere Löhne zahlen, um eine angemessene Anstrengung der Beschäftigten sicherzustellen. Die Löhne steigen.

Ein neues Gleichgewicht
: Die Anpassung endet, wenn sich die Wirtschaft bei Punkt B befindet, mit höheren Reallöhnen und einer niedrigeren langfristigen Arbeitslosigkeit.
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Ein neues Gleichgewicht

Die Anpassung endet, wenn sich die Wirtschaft bei Punkt B befindet, mit höheren Reallöhnen und einer niedrigeren langfristigen Arbeitslosigkeit.

War dies eine Reise, bei der alle gewinnen? Nein, nur wenn man den Start- und Endpunkt vergleicht oder einen ausreichend langen Zeithorizont hat. Die Zeit zwischen der Einführung einer neuen Technologie und dem neuen langfristigen Gleichgewicht wird normalerweise in Jahren oder sogar Jahrzehnten gemessen, nicht in Wochen oder Monaten. Jüngere Menschen könnten von den eventuell höheren Löhnen und der Beschäftigung mehr profitieren, aber ältere Menschen könnten das Ergebnis bei B nie miterleben.

Beachten Sie auch, dass wir in Abbildung 16.9b davon ausgegangen sind, dass der Reallohn kurzfristig nicht sinkt. Sollte sich die Wirtschaft jedoch zu Punkt D bewegen, könnten die Unternehmen den Reallohn senken, sodass er auf der Lohnsetzungskurve bei dem neuen Wert der Arbeitslosigkeit liegt. Das ist wahrscheinlicher, wenn die neuen Investitionen, die die Wirtschaft zu Punkt E führen würden, nur langsam ankommen. In diesem Fall können die Löhne unter dem Druck der höheren Arbeitslosigkeit fallen, bevor sich die Beschäftigung nach oben anpasst.

Wir haben bereits gesehen, dass in England die Anpassung an den technischen Fortschritt im 18. und 19. Jahrhundert (die Industrielle Revolution) nicht schnell erfolgte. Es gab eine längere Verzögerung, bevor die Reallöhne ab etwa 1830 kontinuierlich zu steigen begannen.

Anpassungslücke
Die Zeitspanne zwischen veränderten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und der Bewegung der Wirtschaft in die Nähe des neuen Gleichgewichts.

Genau wie bei der Diffusionslücke können politische Maßnahmen, die Gewerkschaften und die Unternehmen die Anpassungslücke für Beschäftigung und Lohn beeinflussen. Die Politik kann dazu beitragen, die Beschäftigten in neue Unternehmen und Sektoren zu bringen, indem sie Arbeitsvermittlungs- und Umschulungsdienste anbietet und großzügige, aber zeitlich begrenzte Arbeitslosengelder bereitstellt. Dies hilft den Menschen, die aus gescheiterten Unternehmen entlassen werden, schnell in bessere Unternehmen zu wechseln.

Wie groß diese Anpassungslücken sind, hängt auch von Institutionen und politischen Maßnahmen ab, die die Entstehung von Arbeitsplätzen in neuen Sektoren erleichtern oder behindern können. Wenn der Lohn unterhalb der Preissetzungskurve liegt, reichen die Gewinne aus, um neue Investitionen zu tätigen und neue Unternehmen zu gründen. Das ist Teil des Prozesses der Anpassung an die schöpferische Zerstörung. Einige Länder verfügen über eine gut konzipierte Regulierung und Wettbewerbspolitik, die die Gründung neuer Unternehmen erleichtern. In anderen Ländern ist es den etablierten Unternehmen gelungen, den Markteintritt neuer Unternehmen zu erschweren, was den Übergang der Wirtschaft zu Punkt B verlangsamt oder sogar verhindert.

Wenn Sie sich Abbildung 16.1 ansehen, fragen Sie sich vielleicht, warum die Arbeitslosenquote in einer Welt mit kontinuierlichem technischem Fortschritt nicht stetig sinkt. Der Grund dafür ist, dass andere Kräfte in der Wirtschaft dazu führen, dass sich die Lohnsetzungskurve nach oben verschiebt. Die Gewerkschaften könnten für diese Verschiebung verantwortlich sein (wie in Einheit 9), aber es gibt auch andere Erklärungen:

  • Arbeitslosengeld: Gewählte Politiker:innen der Regierung können großzügigere Arbeitslosengelder beschließen, wenn sich die Wirtschaft an die neue Technologie anpasst. Sie wollen die arbeitslosen Menschen unterstützen. Dies verbessert die Reservationsoption der Beschäftigten und verschiebt die Lohnsetzungskurve nach oben.
  • Löhne auf dem Land: Technologische Verbesserungen auf dem Land und die mit der Einführung neuer Technologien im verarbeitenden Gewerbe verbundene Abwanderung vom Land in die Städte können die Einkommen auf dem Land erhöhen und damit die Reservationsoption der Beschäftigten steigern, was die Kosten für den Verlust eines Arbeitsplatzes im verarbeitenden Gewerbe senkt. Infolgedessen müssen die städtischen Unternehmen mehr zahlen, um Beschäftigte zum Arbeiten zu motivieren. Diese Situation könnte in Entwicklungsländern mit großen ländlichen Sektoren auftreten.

Wir werden diese Kräfte in Einheit 17 weiter untersuchen, wenn wir uns mit dem goldenen Zeitalter des Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg befassen.

Erkenntnisse aus der schöpferischen Zerstörung und der Konsumglättung

Vielleicht haben Sie inzwischen zwei wiederkehrende Themen in diesem Kurs bemerkt:

  • Schöpferische Zerstörung: Die Verbesserung des Lebensstandards erfolgt häufig durch einen Prozess des technischen Fortschritts, bei dem Arbeitsplätze, Fertigkeiten, ganze Sektoren und Gemeinschaften überholt und aufgegeben werden. Wir untersuchen diesen Prozess in den Einheiten 1, 2, 16 und 21.
  • Konsumglättung: Haushalte, die mit Einkommensschocks konfrontiert sind, versuchen, das Auf und Ab ihres Lebensstandards durch Darlehensaufnahme, Arbeitslosengeld, gegenseitige Unterstützung im Familien- und Freundeskreis und andere Formen der Mitversicherung auszugleichen. Wir haben diesen Prozess in den Einheiten 10, 13 und 14 untersucht.

Die beiden oben genannten Themen sind miteinander verbunden. Menschen, die von dem Abbau von Arbeitsplätzen betroffen sind, leiden weniger, wenn sie ihren Konsum glätten können. Die Volkswirtschaften unterscheiden sich stark darin, inwieweit Politik, Kultur und Institutionen eine Konsumglättung ermöglichen. In den Ländern, in denen dies gut gelingt, ist der Widerstand gegen die schöpferisch-zerstörerischen Kräfte des technischen Fortschritts wahrscheinlich gering. In den Ländern, in denen das nicht der Fall ist, werden Eigentümer:innen sowie Beschäftigte versuchen, Wege zu finden, sich dem Prozess der schöpferischen Zerstörung zu widersetzen (oder ihn aufzuhalten), und es vorziehen, das Vermögen ihres Unternehmens und die bestehenden Arbeitsplätze zu verteidigen.

Die Haltung der Gewerkschaften gegenüber dem Abbau von Arbeitsplätzen und der Entstehung von Arbeitsplätzen ist ein Beispiel dafür. In Ländern mit ausreichenden Möglichkeiten zur Konsumglättung neigen die Gewerkschaften dazu, nicht auf dem Recht der Beschäftigten zu bestehen, einen bestimmten Arbeitsplatz zu behalten. Stattdessen fordern sie angemessene neue Beschäftigungsmöglichkeiten und Unterstützung bei der Suche und Ausbildung für eine neue Arbeit.

Kündigungsschutzgesetze
Gesetze, die die Kündigung von Arbeitsplätzen für Unternehmen kostspieliger (oder sogar unmöglich) machen.

In anderen Ländern versuchen die Gewerkschaften und die Regierung, das bestehende Matching von Arbeitsuchenden mit Arbeitsplätzen zu schützen, indem sie beispielsweise die Kündigung eines Arbeitsvertrags erschweren, selbst wenn die Leistung der beschäftigten Person unzureichend ist. Diese Kündigungsschutzgesetze können sich nachteilig auf die Leistungsfähigkeit des Arbeitsmarktes auswirken, indem sie die Diffusions- und Anpassungslücken vergrößern und den Prozess des technischen Fortschritts verlangsamen, während sie gleichzeitig die Lohnsetzungskurve nach oben schieben.9

Diese unterschiedlichen Reaktionen auf die Chancen und Herausforderungen der schöpferischen Zerstörung werden uns helfen zu verstehen, warum einige Volkswirtschaften in der jüngeren Geschichte besser abgeschnitten haben als andere.

Frage 16.6 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Sehen Sie sich unser „Ökonominnen und Ökonomen in Aktion“ Video mit John Van Reenen über die Faktoren der Produktivität von Unternehmen an. Welche der folgenden Aussagen aus dem Video ist richtig?

  • Die großen Produktivitätsunterschiede zwischen Ländern und Unternehmen sind auf unterschiedliche Managementpraktiken zurückzuführen.
  • Die Offenheit eines Landes für ausländische Direktinvestitionen ist für die Verbesserung der Produktivität wichtiger als die schöpferische Zerstörung.
  • Der „schöpferische“ Teil der schöpferischen Zerstörung ist sowohl auf kurze als auch auf lange Frist produktivitätssteigernd.
  • Die Offenheit eines Landes für Importe kann sich auf seine Produktivität auswirken.
  • Unterschiedliche Managementpraktiken sind ein Teil der Gründe, erklären aber nicht vollständig die großen Unterschiede. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Technologie und der Grad der Diffusion von Innovationen.
  • Die Offenheit eines Landes für ausländische Direktinvestitionen ist zwar ein wichtiger Faktor für die Steigerung der Produktivität, aber das Video legt nicht nahe, dass dies wichtiger ist als die schöpferische Zerstörung.
  • Die Steigerung der durchschnittlichen Produktivität durch Markteintritte und Innovationen (der „schöpferische“ Teil) braucht Zeit, und die Auswirkungen sind in der Regel erst auf lange Frist zu erkennen. Die Schließung von Betrieben mit geringer Produktivität führt kurzfristig zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Produktivität, ein Phänomen, das gelegentlich als „Batting Average“-Effekt bezeichnet wird.
  • Die Öffnung für Importe wirkt sich auf den Fluss neuer Ideen in die Wirtschaft positiv aus, was technologischen Fortschritt und Innovation fördern kann.

Frage 16.7 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Abbildung 16.9b zeigt den langfristigen Anpassungsprozess auf dem Arbeitsmarkt nach einem technischen Fortschritt.

Welche der folgenden Aussagen ist richtig?

  • Die neue Technologie führt weder auf kurze noch auf lange Frist zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit.
  • Bei D erhöhen die Unternehmen die Investitionen und damit die Beschäftigung aufgrund des großen Abstands zwischen dem gezahlten Reallohn und der Lohnsetzungskurve.
  • Eine geringere Arbeitslosigkeit bei E impliziert einen höheren Lohn, der erforderlich ist, um die Beschäftigten zu hohen Leistungen zu veranlassen, was zu dem höheren Reallohn bei B führt.
  • Die Anpassung von Gleichgewicht A an das neue Gleichgewicht bei B erfolgt unmittelbar.
  • Kurzfristig werden zunächst einige Beschäftigte aus ihren Arbeitsplätzen verdrängt, was die Arbeitslosigkeit erhöht, wie die Bewegung von Punkt A nach Punkt D zeigt.
  • Die Unternehmen erhöhen ihre Investitionen aufgrund der großen Lücke zwischen dem alten Reallohn (durchgezogene Linie) und dem neuen Output pro beschäftigter Person (gestrichelte Linie), was höhere Gewinne zur Folge hat.
  • E liegt unterhalb der Lohnsetzungskurve, sodass die Beschäftigten einen höheren Lohn benötigen, um zur Arbeit motiviert zu werden.
  • Die Anpassung an das neue Gleichgewicht erfordert den Eintritt neuer Unternehmen, was eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen kann.

16.6 Technologischer Wandel und Einkommensungleichheit

kurze Frist (Modell)
Der Begriff bezieht sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum, sondern auf das, was exogen ist: Preise, Löhne, Kapitalbestand, Technologie, Institutionen Siehe auch: Lohn, Kapital, Technologie, Institutionen, mittelfristiges Modell.
lange Frist (Modell)
Der Begriff bezieht sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum, sondern auf das, was exogen ist. Eine langfristige Kostenkurve bezieht sich beispielsweise auf die Kosten, wenn das Unternehmen alle Inputs einschließlich seiner Investitionsgüter vollständig anpassen kann; Technologie und die Institutionen der Wirtschaft sind jedoch exogen. Siehe auch: Technologie, Institution, kurze Frist (Modell), mittlere Frist (Modell).

Was passiert mit der Einkommensverteilung in einer Volkswirtschaft, wenn eine neue Technologie eingeführt wird, die die Produktivität der Arbeit erhöht? Denken Sie an den Fall, den wir gerade in den Abbildungen 16.9a und 16.9b untersucht haben, wo wir den Kontrast zwischen den kurzfristigen unmittelbaren Auswirkungen und dem langfristigen Ergebnis hervorheben, das sich ergibt, wenn die durch die Innovation ermöglichten höheren Gewinne die Eigentümer:innen zu zusätzlichen Investitionen motiviert haben.

Kurzfristig bewegt sich die Wirtschaft von Punkt A zu Punkt D in Abbildung 16.9b. Die neue Technologie erhöht den Output je beschäftigter Person und verringert die Zahl der Beschäftigten. Für die Beschäftigten in D nehmen wir an, dass der Reallohn auf kurze Sicht nicht beeinflusst wird.

Wie wirkt sich das kurzfristig auf die Ungleichheit bei Punkt D aus? Die Ungleichheit nimmt aus zwei Gründen zu: erstens, weil die Zahl der nicht beschäftigten Personen mit geringem oder gar keinem Einkommen steigt, und zweitens, weil kurzfristig nur die Eigentümer:innen von Unternehmen von der neuen Technologie profitieren. Der Anteil der Eigentümer:innen am Wert des produzierten Outputs nimmt zu. Dies ist in der ersten Zeile von Abbildung 16.10 zusammengefasst. Wären die Löhne bei D gesunken, um die Lohnsetzungskurve bei der neuen Arbeitslosenquote zu erreichen, hätte dies natürlich den Anstieg der Ungleichheit noch verschärft.

Aber hier endet der Prozess nicht. Der Punkt D in Abbildung 16.9b ist kein Nash-Gleichgewicht, da die Unternehmen bei dem neuen Wert der Produktivität und dem alten Reallohn genügend Gewinne erzielen, um entweder neue Unternehmen in die Wirtschaft zu locken oder die bestehenden Unternehmen zur Ausweitung ihrer Produktion veranlassen. Ein Blick zurück auf Abbildung 16.9b zeigt, dass die Wirtschaft expandiert und mehr Menschen beschäftigt werden. Dadurch steigen auch die Löhne entlang der Lohnsetzungskurve an. Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis der Lohn so hoch ist, dass die Unternehmen nicht mehr expandieren oder in die Wirtschaft eintreten, das heißt bis die Wirtschaft den Punkt B, das neue Nash-Gleichgewicht, erreicht.

  In Abbildung 16.9b Beschäftigung Arbeits­losigkeit Lohnanteil Ungleichheit
Kurzfristig (Anzahl der Unternehmen und ihr Kapitalbestand ändern sich nicht) A bis D Abwärts Aufwärts Abwärts Aufwärts
Langfristig (Ergebnis passt sich vollständig an das neue Nash-Gleichgewicht des Modells an, keine Veränderung der Lohnsetzungskurve) A bis B Aufwärts Abwärts Gleichbleibend Leicht abwärts

Abbildung 16.10 Auswirkungen technologischer Verbesserungen auf das Arbeitsmarktmodell: Kurz- und langfristig.

Vergleicht man das neue Nash-Gleichgewicht bei Punkt B mit dem ursprünglichen Gleichgewicht bei Punkt A, so profitieren sowohl die Beschäftigten als auch die Eigentümer:innen von Unternehmen von der neuen Technologie. Der Lohnanteil liegt wieder auf dem ursprünglichen Wert, und die Ungleichheit ist bei B geringer, weil die Arbeitslosenquote niedriger ist. Es ist zu beachten, dass der Lohnanteil bei B zwar nicht höher ist als bei A, die Reallöhne jedoch schon.

Die langfristige Auswirkung des technologischen Fortschritts reduziert die Ungleichheit, weil:

  • der Anteil des Outputs, der an die Beschäftigten geht, hat aufgrund eines langfristigen Anstiegs der Reallöhne wieder den Wert erreicht, den er vorher hatte
  • der höhere Reallohn ermöglichte den Eigentümer:innen von Unternehmen, die Motivation der Angestellten, viel Arbeitseinsatz zu zeigen, aufrechtzuerhalten, obwohl die Arbeitslosigkeit gering war

Um die Auswirkungen auf die Ungleichheit zu sehen, stellen wir die Ausgangssituation durch eine Lorenzkurve dar (die in Einheit 5 eingeführt und auch in den Einheiten 9 und 10 verwendet wurde) und sehen dann, wie sich ihre Form verändert. In Abbildung 16.11 sind die arbeitslosen Personen, die beschäftigten Personen und die Eigentümer:innen auf der horizontalen Achse dargestellt.

Die durchgezogene Linie in Abbildung 16.11 ist die Lorenzkurve, die der Situation bei Punkt A in Abbildung 16.9b entspricht. Wenn die Arbeitslo­sigkeit zu D (auf der horizontalen Achse) ansteigt, verschiebt sich die Lorenzkurve nach außen zur gestrichelten Kurve. Der Verlauf ist niedriger, was den geringeren Lohnanteil bei Punkt D widerspiegelt. Langfristig sinkt die Arbeitslosigkeit auf B, und der Lohnanteil kehrt zu seinem ursprünglichen Wert zurück. Die Lorenzkurve verschiebt sich nach innen.

Folgen Sie den Schritten der Analyse in Abbildung 16.11, um zu sehen, wie sich die Lorenzkurve auf dem Weg zum neuen Gleichgewicht verändert.

Auswirkungen einer neuen Technologie auf die Ungleichheit: kurz- und langfristig.
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Abbildung 16.11 Auswirkungen einer neuen Technologie auf die Ungleichheit: kurz- und langfristig.

Arbeitslosigkeit vor der Einführung einer neuen Technologie
: Die Wirtschaft befindet sich zu Beginn in einem langfristigen Gleichgewicht vor der neuen Technologie, mit einem Anteil A an der Bevölkerung, der arbeitslos ist (entsprechend Punkt A). Ein Anteil von N - A Personen ist beschäftigt, und der anfängliche Anteil des Outputs, der an beschäftigte Personen geht, ist s.
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Arbeitslosigkeit vor der Einführung einer neuen Technologie

Die Wirtschaft befindet sich zu Beginn in einem langfristigen Gleichgewicht vor der neuen Technologie, mit einem Anteil A an der Bevölkerung, der arbeitslos ist (entsprechend Punkt A). Ein Anteil von N - A Personen ist beschäftigt, und der anfängliche Anteil des Outputs, der an beschäftigte Personen geht, ist s.

Die Einführung der neuen Technologie
: Dadurch werden einige Beschäftigte von ihren Arbeitsplätzen verdrängt, sodass die Arbeitslosigkeit nun auf D ansteigt (was dem Punkt D in Abbildung 16.9b entspricht). Wir nehmen an, dass die Löhne für die verbleibenden Beschäftigten gleich bleiben. Da der Output pro beschäftigter Person gestiegen ist, sinkt der Anteil der Löhne am Wert des Outputs.
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Die Einführung der neuen Technologie

Dadurch werden einige Beschäftigte von ihren Arbeitsplätzen verdrängt, sodass die Arbeitslosigkeit nun auf D ansteigt (was dem Punkt D in Abbildung 16.9b entspricht). Wir nehmen an, dass die Löhne für die verbleibenden Beschäftigten gleich bleiben. Da der Output pro beschäftigter Person gestiegen ist, sinkt der Anteil der Löhne am Wert des Outputs.

Die wirtschaftlichen Gewinne sind hoch
: Neue Unternehmen werden in die Wirtschaft gelockt und die Investitionen steigen, sodass die bestehenden Unternehmen expandieren. Die Arbeitslosigkeit sinkt schließlich auf den bei Punkt B angegebenen Wert, das neue langfristige Gleichgewicht.
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Die wirtschaftlichen Gewinne sind hoch

Neue Unternehmen werden in die Wirtschaft gelockt und die Investitionen steigen, sodass die bestehenden Unternehmen expandieren. Die Arbeitslosigkeit sinkt schließlich auf den bei Punkt B angegebenen Wert, das neue langfristige Gleichgewicht.

Übung 16.5 Technologischer Fortschritt und Ungleichheit

In Einheit 9 wurde im Einstein gezeigt, dass sich der Gini-Koeffizient g aus den drei Personengruppen des gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarktes wie folgt berechnen lässt:

\[g = u + n \hspace{0.1cm} –(1-u)\frac{w}{\lambda}\]

Dabei steht u für den Anteil der arbeitslosen Personen, n für den Anteil der Erwerbspersonen an den Erwerbstätigen, die Menge 1 - n - u für den Anteil der Eigentümer:innen von Unternehmen an den Erwerbspersonen, w für den Reallohn und λ für den Output pro beschäftigter Person. Der Ausdruck w/λ ist der Anteil des gesamten Outputs, der mit den Löhnen der Beschäftigten gekauft werden kann, der so genannte Lohnanteil. Das ist klar, denn wn ist die Summe der gezahlten Löhne und λn ist der gesamte Output.

Nehmen wir an, in der ursprünglichen Lorenzkurve (vor dem technischen Wandel) gäbe es 6 arbeitslose Personen, 84 Beschäftigte und 10 arbeitgebende Eigentümer:innen, deren Löhne ausreichen, um 60 % des Outputs zu kaufen.

  1. Zeigen Sie, dass der Gini-Koeffizient in diesem Fall 0,336 betragen würde.
  2. Nehmen wir nun an, der technische Fortschritt führt dazu, dass vier Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren, während der Output konstant bleibt, und der Lohn der verbleibenden Personen ebenfalls konstant bleibt, sodass die Gewinne um den Betrag steigen, um den die Gesamtlohnsumme gesunken ist. Wie hoch ist der neue Lohnanteil? Wie hoch ist der neue Gini-Koeffizient?
  3. Nehmen wir an, dass es langfristig 4 arbeitslose Personen, 86 Beschäftigte und 10 arbeitgebende Eigentümer:innen gibt und der Lohnanteil wieder bei 60 % liegt. Wie hoch ist der Gini-Koeffizient jetzt? Erläutern Sie in Ihren eigenen Worten, warum die Ungleichheit auf kurze Frist zu- und auf lange Frist abnimmt.

Frage 16.8 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Führt die Einführung einer neuen arbeitssparenden Technologie  …?

  • Kurzfristig zu einem höheren Lohnanteil am Output und einem höheren Gini-Koeffizienten.
  • Kurzfristig zu einem niedrigeren Lohnanteil am Output und einem höheren Gini-Koeffizienten.
  • Kurzfristig zu einem niedrigeren Lohnanteil am Output und einem niedrigerem Gini-Koeffizienten.
  • Langfristig zu einer höheren Arbeitslosigkeit, einem niedrigeren Lohnanteil am Output und einem höheren Gini-Koeffizienten.
  • Die Technologie zur Einsparung von Arbeitskräften führt zu höherer Arbeitslosigkeit, während die Löhne und der Output insgesamt konstant bleiben. Das heißt, der Gewinnanteil am Output ist höher und der Lohnanteil ist niedriger. Der Gini-Koeffizient ist höher.
  • Der Anstieg der Arbeitslosigkeit senkt die Summe der gezahlten Löhne und damit den Lohnanteil in der Wirtschaft.
  • Höhere Arbeitslosigkeit bei konstanten Löhnen und konstantem Output senkt den Lohnanteil am gesamtwirtschaftlichen Output, erhöht aber den Gini-Koeffizienten.
  • Auf lange Frist führen Verbesserungen in der Technologie auch zur Entstehung von Arbeitsplätzen und damit zu einer geringeren Arbeitslosigkeit. Der Lohnanteil bleibt konstant, weil der Preisaufschlag konstant ist, und der Gini-Koeffizient ist niedriger.

16.7 Wie lange dauert es, bis sich Arbeitsmärkte an Schocks anpassen?

Wie lang ist die lange Frist? Im Jahr 1923 schrieb John Maynard Keynes:

Die lange Frist ist ein irreführender Maßstab für das aktuelle Geschehen. Auf lange Frist sind wir alle tot. Ökonominnen und Ökonomen machen es sich zu leicht und es ist unnütz, wenn sie uns in stürmischen Zeiten nur sagen können, dass das Meer wieder flach ist, wenn der Sturm vorbei ist. (A Tract on Monetary Reform)10

Was Sie über das Zitat von Keynes denken, insbesondere über den kursiv gedruckten Teil, hängt vielleicht von Ihrem Alter ab (er war damals 40 Jahre alt und lebte noch weitere 23 Jahre). In Keynes Metapher ist das Meer im Gleichgewicht flach, aber wenn Sie an einer sicheren Schifffahrt interessiert sind, ist es vielleicht wichtiger, was beim Übergang von einem Gleichgewicht zum anderen passiert, mit anderen Worten, wie man durch den Sturm kommt. Keynes vertrat eine dynamische Sichtweise der Wirtschaft, das heißt eine Sichtweise, die sich auf Veränderungen konzentriert.

In Abschnitt 16.5 haben wir untersucht, wie ein neues langfristiges Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden kann, wenn eine arbeitssparende Innovation den Arbeitsmarkt aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Dabei konnten durch die Innovation verdrängte Arbeitskräfte zu höheren Löhnen wieder beschäftigt werden. Keynes interessiert sich dafür, wie die Wirtschaft von einem Gleichgewicht zum anderen gelangt. Das Verständnis dieses Prozesses sollte Grundlage einer guten Wirtschaftspolitik sein.

Viele Ökonominnen und Ökonomen haben jedoch seither den von Keynes als „einfach“ bezeichneten Ansatz gewählt und sich nur auf ein oder mehrere Gleichgewichte konzentriert. Wenn sich etwas ändert (zum Beispiel durch eine neue Technologie), vergleichen sie das Gleichgewicht vor und nach der Veränderung. Dies wird als vergleichender statischer Ansatz bezeichnet (statisch bedeutet unveränderlich, es geht also darum, zwei Dinge zu vergleichen, die sich unterscheiden—das Vorher und das Nachher—, aber selbst statisch sind).

Hal Varian (1947– ), ein bedeutender amerikanischer Wirtschaftstheo­retiker, weist auf die Schwierigkeiten hin, zu wissen, was außerhalb des Gleichgewichts geschieht, und erklärt der Leserschaft seines populären Mikroökonomie-Buchs: „Wir werden im Allgemeinen die Frage ignorieren, wie das Gleichgewicht erreicht wird, und uns nur auf die Frage konzentrieren, wie sich die Unternehmen im Gleichgewicht verhalten.“

Varian hat Recht: Es ist wichtig zu wissen, was im Gleichgewicht geschieht und wie sich der Wert der Beschäftigung, der Löhne und der Gewinne, die im Gleichgewicht auftreten, je nach den Bedingungen und der Politik unterscheiden werden. Es stimmt auch nicht, dass „wir“ in der langen Frist alle tot sind, es sei denn, die einzigen Menschen, die man als „wir“ zählt, sind die jetzt Lebenden und nicht zukünftige Generationen, die nach uns leben und die langfristigen Auswirkungen der jetzt getroffenen Maßnahmen zu spüren bekommen werden. Wir wissen aus Einheit 4, dass sich die Menschen um das Wohlergehen anderer kümmern, sodass die lange Frist wichtig ist, selbst wenn sie sehr lang ist.

Wenn sich die Wirtschaft bei Veränderungen schnell von einem Gleichgewicht zum anderen bewegt, ist der von Varian vertretene vergleichende statische Ansatz sinnvoll. Wenn der Gleichgewichtsprozess lange dauert oder wenn wir nicht einmal sicher sein können, dass die Wirtschaft in ein anderes Gleichgewicht übergeht (siehe „Gibt es Preisblasen?“ in Einheit 11), dann scheint der Fokus Keynes auf die Dynamik des Anpassungsprozesses angemessen.

In Einheit 11 haben wir erläutert, dass ein Markt, der sich nicht im Gleichgewicht befindet, den Marktakteurinnen und -akteuren die Möglichkeit bietet, durch Änderung des Preises oder der Menge, die sie verkaufen oder kaufen, Vorteile zu erzielen. Diese so genannten Rent-Seeking-Aktivitäten sind Teil des Prozesses, durch den ein neues Gleichgewicht erreicht wird. Auf einem Fischmarkt beispielsweise bedeutet Rent-Seeking lediglich, einen anderen Preis anzubieten oder zu verlangen, und der Prozess der Herstellung eines neuen Gleichgewichts ist relativ schnell.

Aber auf dem Arbeitsmarkt wird der Prozess langsamer verlaufen. Der Grund dafür ist, dass das Rent-Seeking, das zu einem neuen Gleichgewicht führen kann, möglicherweise eine Weiterbildung erfordert, oder Sie müssen mit Ihrer Familie umziehen und an einem neuen Ort Arbeit suchen.

Die Debatte darüber, wie schnell sich die US-amerikanischen Arbeitsmärkte an den „Schock“ der konkurrierenden Importe von Industriegütern aus China anpassen würden, ist ein typisches Beispiel dafür. Um die Jahrhundertwende, nach mehr als einem Jahrzehnt rapide steigender Importe aus China, herrschte unter den Ökonominnen und Ökonomen in den USA Einigkeit darüber, dass die Importe keine größeren negativen Auswirkungen auf Löhne und Beschäftigung hätten. Zum Teil deshalb, weil die Personen, die in den mit den Importen konkurrierenden Unternehmen arbeiteten, problemlos in andere Regionen abwandern könnten. In einem unserer früheren „Ökonominnen und Ökonomen in Aktion“ Videos über globale Produktion und Outsourcing stellte Richard Freeman die Frage, ob die Löhne in den USA „in Peking festgelegt werden“, und antwortete mit einem klaren „Nein“.

Doch schon damals häuften sich die Anzeichen dafür, dass die Anpassung der US-Wirtschaft an den Schock aus China kein einfacher vergleichsweise statischer Sprung von einem Gleichgewicht zum anderen sein würde. Die meisten Ökonominnen und Ökonomen ahnten damals nicht, wie schnell und in welchem Ausmaß China die weltweite Produktion von Industriegütern dominieren würde: Nachdem es 1990 ein Zwanzigstel der weltweit produzierten Güter hergestellt hatte, produzierte China ein Vierteljahrhundert später ein Viertel des weltweiten Gesamtvolumens.

Doch das unerwartete Ausmaß des Schocks aus China machte den Optimis­mus vieler Ökonominnen und Ökonomen zunichte; da die Anpassung des Arbeitsmarktes nicht so schnell vonstatten ging, wie sie angenommen hatten.

Die Auswirkungen auf die US-amerikanischen Arbeitsmärkte waren geografisch konzentriert: Teile des Bundesstaates Tennessee, die auf die Möbelproduktion spezialisiert sind und mit China konkurrieren müssen, wurden hart getroffen, während das nahe gelegene Alabama, das auf die Schwerindustrie spezialisiert ist, kaum betroffen war, da China keine schweren Industriegüter exportierte. Die geografische Konzentration der Auswirkungen des China-Schocks hat es Ökonominnen und Ökonomen ermöglicht zu untersuchen, wie sich die Arbeitsmärkte angepasst haben.11

Sie fanden heraus, dass die lange Frist auf den US-amerikanischen Arbeitsmärkten eine sehr lange Zeitspanne ist. Die „von China betroffenen“ Regionen erlitten große Verluste bei der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe; viele der arbeitslosen Personen fanden vor Ort keine Arbeit und gaben auf, sie verließen den Pool der Erwerbspersonen. Nur sehr wenige verließen die Region. Die in den 1990er Jahren von der Importkonkurrenz getroffenen Orte waren auch im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts von der Krise betroffen. Zwischen 1999 und 2011 führte der China-Schock zu einem Verlust von 2,4 Millionen Arbeitsplätzen.

Die Schlussfolgerung einer großen Studie über den China-Schock bestätigte eher die Sichtweise Keynes anstatt die Sichtweise von Varian. Wollte man die Auswirkungen auf den US-Arbeitsmarkt abschätzen und sich dabei nur auf ein Standardlehrbuch der Volkswirtschaftslehre stützen, so würde man große Arbeitskräftebewegungen zwischen den US-Industrien vorhersagen, die exportieren oder mit Importen konkurrieren. Zum Beispiel von Bekleidung und Möbeln zu Pharmazeutika und Düsenflugzeugen. Man würde auch erwarten, dass es nur zu einer begrenzten Verlagerung von Arbeitsplätzen von handelbaren zu nicht-handelbaren Gütern kommt und dass es keine Nettoauswirkungen auf die Gesamtbeschäftigung in den USA gibt. Die Realität der Anpassung an den Handelsschock mit China sah jedoch ganz anders aus.

Die Anpassung an die Einführung von arbeitssparenden Maschinen, die wir in dieser Einheit untersucht haben, dürfte ähnlich langsam vonstatten gehen. In Einheit 18 kehren wir zu China in der Weltwirtschaft zurück und zeigen, dass die Reaktion auf den China-Schock in Deutschland ganz anders ausfiel.

16.8 Institutionen und Politik: Warum schneiden einige Länder besser ab als andere?

Was verstehen wir unter „guter“ Leistung oder einem „guten“ Ergebnis? Die Antwort ist wichtig, denn die Bevölkerung, die Parteien mit unterschiedlichen Wirtschaftsprogrammen wählt, und politische Entscheidungsträger:innen, die versuchen, diese Programme zu verbessern, benötigen eine Vorstellung davon, was wünschenswert ist—entweder für den Einzelnen, die politischen Entscheidungsträger:innen oder die Nation.

Wie wir in Einheit 3 gesehen haben, schätzen die Menschen sowohl ihre freie Zeit als auch ihren Zugang zu Gütern. Wir sollten ihre Entlohnung pro Arbeitsstunde in unsere Bewertung der Ergebnisse einbeziehen. In einem bestimmten Jahr ist eine „gute“ Leistung dann gegeben, wenn die Arbeitslosigkeit niedrig und der Reallohn pro Stunde hoch ist. Übertragen wir dies auf einen dynamischen Rahmen und bewerten eine Volkswirtschaft über viele Jahre hinweg, so beurteilen wir die Leistung als „gut“, wenn ein Land ein schnelles Wachstum der Reallöhne pro Stunde für Beschäftigte mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit kombiniert.

Natürlich gibt es noch andere langfristige Dimensionen der wirtschaftlichen Leistung, die den meisten Menschen wichtig sind. Es mag uns interessieren, ob die Verteilung der wirtschaftlichen Erträge fair ist oder nicht, ob das Verhältnis der Wirtschaft zur natürlichen Umwelt nachhaltig ist oder nicht, oder inwieweit die Haushalte durch Konjunkturzyklusschwankungen wirtschaftlicher Unsicherheit ausgesetzt sind. Hier konzentrieren wir uns jedoch ausschließlich auf die Entwicklung der Reallöhne pro Stunde und die Arbeitslosenquote.

Anhand des Modells des Arbeitsmarktes und der Beveridge-Kurve sehen wir, dass eine Volkswirtschaft, um eine gute Leistung zu erzielen, über zwei Fähigkeiten verfügen muss:

  • Sie muss die Preissetzungskurve erhöhen und die Aufwärtsbewegung der Lohnsetzungskurve aufhalten: Damit sowohl das Wachstum der Stundenlöhne als auch die Beschäftigungsquote auf lange Frist hoch sind.
  • Sie muss sich schnell und vollständig anpassen: Damit die gesamte Wirtschaft die Chancen des technologischen Wandels nutzen kann.

Technologischer Wandel bedeutet, dass in Unternehmen, in denen neue Technologien die Arbeitskräfte substituieren, Arbeitsplätze verschwinden. Arbeitsplätze verschwinden auch, wenn neue Unternehmen hinzukommen und diejenigen, die sich nicht an die neuen Bedingungen anpassen können, schließen. Die Beveridge-Kurve macht deutlich, wie wichtig das Zusammenbringen von Beschäftigten und offenen Stellen auf dem Arbeitsmarkt ist. In Abbildung 16.9b haben wir gesehen, dass neue Technologien zunächst dazu führen, dass Beschäftigte verdrängt werden: Die Beveridge-Kurve fasst die Fähigkeit der Wirtschaft zusammen, verdrängte Personen schnell wieder einzusetzen und so den Zeitraum zu verkürzen, den die Wirtschaft in der kurzfristigen Situation verbringt (Punkt D, Abbildung 16.9b).

Abbildung 16.12 zeigt die langfristige Entwicklung (über einen Zeitraum von 40 Jahren) für eine Gruppe von fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Dabei werden die Kriterien Reallohnwachstum und Arbeitslosenquote verwendet. Wir untersuchen einen langen Zeitraum, weil wir nicht wollen, dass unsere Bewertung der langfristigen Leistung von der jeweiligen Phase des Konjunkturzyklus, in der sich ein Land befindet, beeinflusst wird. Wir verwenden die Löhne im verarbeitenden Gewerbe, weil sie auf eine Art und Weise gemessen werden, die zwischen den Ländern besser vergleichbar ist—obwohl dies nicht ideal ist, weil der Anteil der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe im Laufe der Zeit abnimmt und von Land zu Land variiert.

Bei einer guten Leistung befindet sich ein Land mit hohem Lohnwachstum und niedriger Arbeitslosigkeit in der oberen linken Ecke der Abbildung 16.12; bei einer schlechten Leistung befindet sich ein Land in der unteren rechten Ecke. Da wir sowohl ein hohes Lohnwachstum als auch eine niedrige Arbeitslosigkeit schätzen, sind wir möglicherweise bereit, ein niedriges Lohnwachstum zu tolerieren, wenn es mit einem niedrigeren Wert der Arbeitslosigkeit verbunden ist. Dies bedeutet, dass wir die Indifferenzkurve der Bevölkerung als einen Strahl vom Ursprung aus darstellen können. Steilere Strahlen sind besser, und die Leistung eines Landes wird durch die Steigung eines Strahls vom Ursprung bis zur Beobachtung dieses Landes gemessen. Betrachten Sie Abbildung 16.12 und nehmen Sie Belgien (BEL) als Beispiel: Eine Person aus Belgien würde es vorziehen, auf einem steileren Strahl zu liegen, wie der von Deutschland (GER), mit geringerer Arbeitslosigkeit und höherem Lohnwachstum.

Langfristige Arbeitslosigkeit und Wachstum der Reallöhne in der OECD (1970–2018).
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Abbildung 16.12 Langfristige Arbeitslosigkeit und Wachstum der Reallöhne in der OECD (1970–2018).

OECD. 2021. OECD Statistics; BLS-Daten für spanische Reallöhne erst ab 1979 verfügbar. Das spanische Reallohnwachstum für 1970–1979 wurde daher anhand der Tabellen 16.25 und 16.5 aus Barciela López, Carlos, Albert Carreras und Xavier Tafunell geschätzt. 2005. Estadísticas históricas de España: Siglos XIX-XX. Bilbao: Fundación BBVA.

Die beiden Strahlen in Abbildung 16.12 unterteilen die Länder in drei Gruppen. Die Spitzenreiter im 40-Jahres-Zeitraum von 1970 bis 2018 sind Norwegen und Japan. Die Schlusslichter sind Belgien, Italien, die USA, Kanada und Spanien. Das schlechte Abschneiden der USA ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie 1970 mit höheren Löhnen starteten, weil sie in diesem Zeitraum weltweit technologisch führend waren (wie wir in Abbildung 16.3 gesehen haben). Dies bedeutete, dass andere Länder davon lernen konnten und ihre Produktivität rasch steigerten. Ähnliche Argumente gelten für Kanada. Aus diesem Grund betrachten wir diese beiden Länder nicht als repräsentativ für die leistungsschwachen Länder, obwohl die Reallöhne in den USA viel langsamer gestiegen sind als die Produktivität, sodass der Großteil der Bevölkerung der USA in diesem Zeitraum nicht sehr stark vom Wirtschaftswachstum profitiert hat.

Es ist zu beachten, dass erfolgreiche Länder unterschiedliche Kombinationen von Maßnahmen und Institutionen eingesetzt haben. Einige der leistungsstärksten Länder (mit einem steileren Strahl vom Ursprung) wie Norwegen, Finnland, Schweden und Deutschland haben starke Gewerkschaften, während die nordischen Länder (einschließlich Dänemark) einige der großzügigsten Arbeitslosengelder der Welt haben.

Abbildung 16.13 gibt die Daten zur Arbeitslosigkeit aus Abbildung 16.1 wieder, wobei jedoch zwei der leistungsstarken und zwei der leistungsschwachen Länder aus Abbildung 16.12 hervorgehoben sind. Die Unterschiede zwischen Japan und Norwegen einerseits und Italien und Spanien andererseits betreffen eher die Arbeitslosigkeit als das Wachstum der Reallöhne. In Abbildung 16.13 sehen Sie, wie unterschiedlich sich die Arbeitslosigkeit nach den Ölschocks der 1980er Jahre und nach der Finanzkrise verhielt.

Arbeitslosenquoten von zwei leistungsstarken und zwei leistungsschwachen Arbeitsmärkten (1960–2019).
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Abbildung 16.13 Arbeitslosenquoten von zwei leistungsstarken und zwei leistungsschwachen Arbeitsmärkten (1960–2019).

Daten von 1960–2004: David R. Howell, Dean Baker, Andrew Glyn, und John Schmitt. 2007. ‘Are Protective Labor Market Institutions at the Root of Unemployment? A Critical Review of the Evidence’.  Capitalism and Society 2 (1) (Januar). Daten von 2005 bis 2019: OECD harmonized unemployment rates, OECD. 2021. OECD Statistics.

Wir werden sehen, dass das Modell dieser Einheit einen nützlichen Rahmen für das Verständnis der Leistungsstarken und der Leistungsschwachen auf dem Arbeitsmarkt bietet. Wir werden nun zeigen, wie das Modell verwendet werden kann, um zu erklären, wie Institutionen und politische Maßnahmen das Wachstum der Reallöhne und die Arbeitslosigkeit auf lange Frist beeinflussen.

Übung 16.6 Sie sind die politischen Entscheidungsträger:innen

Beziehen Sie sich auf Abbildung 16.12, um die folgenden Fragen zu beantworten:

  1. Zeichnen Sie auf denselben Achsen die Indifferenzkurven einer Person der Bevölkerung sowie einer politischen Entscheidungsträgerin oder einem Entscheidungsträger, die oder der sich nur für die Lohnentwicklung interessiert.
  2. Welche Länder sind den Daten der Abbildung zufolge die Leistungsstärksten und welche die Leistungsschwächsten?
  3. Zeichnen Sie auf denselben Achsen Ihre Indifferenzkurven ein, wenn Sie sich nur für die Arbeitslosenquote interessieren würden. Welche Länder wären in diesem Fall die Leistungsstärksten und welche die Leistungsschwächsten?
  4. Zeichnen Sie auf denselben Achsen eine Indifferenzkurve, die auf Ihren persönlichen Präferenzen in Bezug auf Lohnwachstum und Arbeitslosigkeit beruht und begründen Sie Ihre Wahl.
  5. In welchem der in der Abbildung dargestellten Länder würden Sie leben wollen, wenn Sie Ihre Präferenzen in Bezug auf andere wirtschaftliche Faktoren berücksichtigen, und warum? Erläutern Sie, welche wirtschaftliche Faktoren Sie bei Ihrer Entscheidung berücksichtigt haben.

Frage 16.9 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

In der folgenden Grafik wird das Wachstum der Reallöhne verschiedener Länder gegenüber ihrer Arbeitslosenquote dargestellt, gemittelt über den Zeitraum 1970–2011.

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Welche der folgenden Aussagen ist auf der Grundlage dieser Informationen richtig?

  • Wenn man sich nur um die Arbeitslosigkeit kümmern würde, dann ist Finnland das Land mit der besten Leistung.
  • Wenn man nur auf das Lohnwachstum achtet, dann haben die europäischen Länder besser abgeschnitten als die nordamerikanischen Länder.
  • Wenn man sowohl die Arbeitslosigkeit als auch das Lohnwachstum berücksichtigt, dann ist Spanien eines der Länder mit der besten Leistung.
  • Wenn man sowohl auf die Arbeitslosigkeit als auch auf das Lohnwachstum achtet, dann hat Finnland eindeutig besser abgeschnitten als Norwegen.
  • Japan ist es gelungen, die Arbeitslosigkeit über den gesamten Zeitraum hinweg am niedrigsten zu halten.
  • Alle europäischen Länder in der Abbildung hatten ein höheres Lohnwachstum.
  • Spanien hat ein hohes Lohnwachstum erzielt, allerdings bei hoher Arbeitslosigkeit.
  • Finnland konnte zwar ein höheres Lohnwachstum verzeichnen, hatte aber auch eine hohe Arbeitslosigkeit. Wenn die Indifferenzkurven der Bevölkerung durch gerade Linien vom Ursprung aus gegeben sind, dann würde die Leistung Norwegens tatsächlich auf einer höheren Indifferenzkurve liegen.

16.9 Technologischer Wandel, Arbeitsmärkte und Gewerkschaften

Politische Maßnahmen und Institutionen machen den Unterschied. Die Modelle geben Aufschluss über die Erfahrungen einiger der leistungsstärksten und leistungsschwächsten Länder. Wir nehmen drei Länder als Beispiele: Norwegen und Japan als leistungsstarke Länder und Spanien als leistungsschwaches Land.

In Norwegen und Spanien spielen die Gewerkschaften eine wichtige Rolle, nicht aber in Japan. In Norwegen ist mehr als die Hälfte aller Lohn- und Gehaltsempfangenden Teil einer Gewerkschaft, und die Tarifverträge der Gewerkschaften betreffen die meisten Beschäftigten in der Wirtschaft. In Spanien sind weniger als ein Fünftel der Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert, obwohl Tarifverträge für die gesamte Wirtschaft wichtig sind.

Tarifbindung der Gewerkschaften und Arbeitslosigkeit in der OECD (2000–2020).
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Abbildung 16.14 Tarifbindung der Gewerkschaften und Arbeitslosigkeit in der OECD (2000–2020).

OECD. 2021. OECD Statistics. Labour force statistics. OECD und Amsterdam Institute for Advanced Labour Studies (AIAS). 2021. ‘Institutional Characteristics of Trade Unions, Wage Setting, State Intervention and Social Pacts’ OECD Publishing. Paris.

Abbildung 16.14 gibt Aufschluss über die Bedeutung von gewerkschaftlichen Lohnabschlüssen und Arbeitslosigkeit. Auf der horizontalen Achse ist der prozentuale Anteil der Beschäftigten zu sehen, deren Löhne durch gewerkschaftliche Lohnabschlüsse bestimmt werden. Wie Sie sehen können, werden in einigen europäischen Ländern fast alle Beschäftigten von Gewerkschaftsverträgen erfasst. Und in den Ländern mit einer Tarifbindung von über 80 % reichen die Arbeitslosenquoten von weniger als 4 % (Island) bis fast 16 % (Spanien). Abbildung 16.14 deutet darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in den Ländern, in denen die Gewerkschaften einen größeren Einfluss auf die Lohnfindung haben, tendenziell nicht höher ist. Niedrige Arbeitslosigkeit findet sich in Ländern, die die ganze Bandbreite des gewerkschaftlichen Einflusses abdecken. Man vergleiche Südkorea und die Niederlande, Japan und Österreich oder die USA und Schweden.

So wie die Unternehmen nicht den niedrigstmöglichen Lohn anbieten, streben auch die meisten Gewerkschaften nicht den höchsten Lohn an, den sie in Verhandlungen erreichen können. Die Unternehmen bieten Löhne oberhalb des Mindestlohns an, weil sie nicht kontrollieren können, wie motiviert die Beschäftigten arbeiten. Die Gewerkschaften verhandeln nicht über den höchstmöglichen Lohn (den Lohn, bei dem den Eigentümer:innen nichts vom Kuchen übrig bliebe), weil die Gewerkschaften die Entscheidungen des Unternehmens über Einstellungen, Entlassungen und Investitionen nicht kontrollieren können und höhere Löhne die Beschäftigung verringern können, weil sie die Gewinne des Unternehmens reduzieren.

mittlere Frist (Modell)
Der Begriff bezieht sich nicht auf einen Zeitraum, sondern auf ein exogenes Element. In diesem Fall sind Kapitalbestand, Technologie und Institutionen exogen. Produktion, Beschäftigung, Preise und Löhne sind endogen. Siehe auch: Investitionsgüter, Technologie, Institution, kurze Frist (Modell), lange Frist (Modell).

Eine Gewerkschaft, die in vielen Unternehmen und Sektoren organisiert ist, wird nicht die gesamte Verhandlungsmacht, die sie besitzt, ausnutzen. Sie weiß, dass große Lohnzuwächse zu Folgendem führen werden:

  • Auf mittlere Frist: Restriktive Politik der aggregierten Nachfrage, da die Regierung und die Zentralbank versuchen, die Inflation in der Nähe des Zielwerts zu halten (wie wir in Einheit 15 gesehen haben).
  • Auf lange Frist: Das Aussteigen von Unternehmen und ein geringerer Bestand an Investitionsgütern, wodurch sich das Produktivitätswachstum verlangsamt.
integrative Gewerkschaft
Eine Gewerkschaft, die viele Unternehmen und Sektoren vertritt, welche die Folgen von Lohnerhöhungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der gesamten Wirtschaft (in einer langen Frist) berücksichtigt.

Gewerkschaften, die auf diese Weise handeln, werden integrative Gewerkschaften genannt. Nicht-integrative Gewerkschaften können in ihrem eigenen Wirtschaftszweig hohe Löhne aushandeln, ohne die Auswirkungen auf andere Unternehmen oder Personen zu berücksichtigen, und zwar sowohl auf Beschäftigte als auch auf Arbeitslose. Unternehmensverbände, die die Interessen aller Unternehmen berücksichtigen, einschließlich derer, die in eine Industrie eintreten und mit den etablierten Unternehmen konkurrieren könnten, werden als integrative Unternehmensverbände bezeichnet. Wenn Gewerkschaften und Unternehmen in einer integrativen Weise handeln, ist es auch wahrscheinlicher, dass sich die Gewerkschaftsstimme positiv auswirkt. Wie in Einheit 9 erörtert, senkt dies den negativen Nutzen der Arbeit und trägt dazu bei, die Lohnsetzungskurve nach unten zu schieben.

Der nordische Fall: Integrative Gewerkschaften und Unternehmensverbände

Dieses integrative Verhalten ist genau das, was die Gewerkschaften und Unternehmensverbände in Norwegen (wie auch in den anderen nordischen Ländern) zwischen 2000 und 2020 an den Tag legten: Ihre zentralisierten Lohnverhandlungen bestanden auf einem gemeinsamen Lohn für eine bestimmte Art von Arbeit, wodurch Unternehmen mit geringer Produktivität der Zugang zu billigen Arbeitskräften verwehrt wurde und viele von ihnen aus dem Geschäft gedrängt wurden. Da die betroffenen Personen schnell in produktiveren Unternehmen eingesetzt wurden, führte dies vor allem zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität, was die Preissetzungskurve nach oben trieb und höhere Löhne ermöglichte.

Integrative Gewerkschaften setzen sich auch für großzügige Einkommensuntergrenzen und eine hochwertige öffentliche Gesundheitsversorgung, berufliche Umschulung und Bildungsangebote ein—all dies verringert das Risiko, dem die meisten Menschen ausgesetzt sind. Dies führt dazu, dass die schöpferische Zerstörung des technologischen Wandels für das persönliche Leben der Menschen weniger destruktiv ist und dass sie generell offener für Veränderungen und die Übernahme von Risiken sind. Beide Eigenschaften sind für eine technologisch dynamische Gesellschaft unerlässlich.12

Diese so genannten „aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen“ verbessern das Matching von arbeitsuchenden Personen mit freien Stellen. Dies hat zur Folge, dass Beschäftigte, deren Arbeitsplätze wegfallen (zum Beispiel durch das Scheitern von Unternehmen mit geringer Produktivität unter dem Druck der zentral ausgehandelten Einheitslöhne), schneller einen anderen Arbeitsplatz finden können. Das Ergebnis ist eine Beveridge-Kurve, die näher am Ursprung liegt und sowohl die deutsche als auch die amerikanische Beveridge-Kurve übertrifft (siehe Abbildung 16.6). Sie liegt deutlich weiter innerhalb der spanischen Kurve, wie in Abbildung 16.15 zu sehen ist.

Beveridge-Kurven für Spanien und Norwegen (2001 Q1 – 2021 Q2).
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Abbildung 16.15 Beveridge-Kurven für Spanien und Norwegen (2001 Q1 – 2021 Q2).

OECD Beschäftigungsausblick: OECD. 2021. OECD Statistics.

Eine integrative Gewerkschaft weiß, dass die Wirtschaft die beiden großen Anreizprobleme einer kapitalistischen Wirtschaft beachten muss: die Schaffung von Anreizen sowohl für die Beschäftigten (zu arbeiten) und für die Unternehmen (zu investieren). In einigen Fällen—zum Beispiel in Schweden mit einem stark zentralisierten Gewerkschaftsbund—wusste die Gewerkschaft, dass ein Absenken der Lohnsetzungskurve auf lange Frist die Beschäftigung erhöht und die Löhne nicht senkt, und überzeugte die Beschäftigten in der Gewerkschaft davon.

Infolgedessen legten die Einheitsgewerkschaften der nordischen Länder (Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark) ihre Lohnforderungen in Abhängigkeit von der Produktivität der Arbeit fest. Wenn diese anstieg, forderten sie einen fairen Anteil. Aufgrund der niedrigen Arbeitslosigkeit, der hohen Angehörigenzahl und ihrer Fähigkeit, Lohnabschlüsse in der gesamten Wirtschaft durchzusetzen, verfügten sie über eine Verhandlungsmacht, die sie jedoch nicht dazu nutzten, die Lohnsetzungskurve nach oben zu verschieben, es sei denn, dies war durch das Produktivitätswachstum gerechtfertigt. Diese Gewerkschaften unterstützten auch Gesetze und politische Maßnahmen, die die Arbeit weniger beschwerlich machen, die Lohnsetzungskurve nach unten verschieben und die Beschäftigung auf lange Frist weiter ausbauen.

Der japanische Fall: Integrative Unternehmensverbände

Im Gegensatz zu den nordischen Ländern sind die japanischen Gewerkschaften schwach, aber die Beschäftigten sind in den großen Unternehmen gut organisiert. Die Unternehmensverbände sind stark und koordinieren die Lohnfestsetzung in den großen Unternehmen. Diese Verbände arbeiten also ähnlich wie die Gewerkschaften in Norwegen: Bei der Festlegung der Löhne werden die Auswirkungen der Lohnentscheidungen auf die Gesamtwirtschaft berücksichtigt. Insbesondere konkurrieren die Unternehmen bei der Einstellung von Personen bewusst nicht, um eine Erhöhung der Löhne zu vermeiden.

Der spanische Fall: Nicht-integrative Gewerkschaften

In Spanien schützen die Gewerkschaften die Arbeitsplätze, unterstützt durch die Politik der Regierung. Die Gewerkschaften in Spanien sind stark genug, um Macht auszuüben, aber sie sind nicht integrativ. Eine Kombination aus nicht-integrativen Gewerkschaften und einer Gesetzgebung der Regierung, die Arbeitsplätze schützt, kann dazu beitragen, die schlechte Leistung des spanischen Arbeitsmarktes zu erklären.

Auf der Grundlage des Modells würden wir eine hohe Arbeitslosigkeit in Spanien und eine niedrige Arbeitslosigkeit in Norwegen und Japan vorhersagen. Und genau das können wir in den Daten sehen.

Arbeitslosengeld und Arbeitslosigkeit

Bruttolohnersatzquote bei Arbeitslosigkeit
Der Anteil des früheren Bruttolohns (vor Steuern) einer beschäftigten Person, den sie bei Arbeitslosigkeit erhält.

Die beschäftigungsfördernde Wirkung integrativer Gewerkschaften und staatlicher Mitversicherungen kann eine scheinbare Anomalie erklären: In Ländern mit großzügigen Arbeitslosengeldern sind die Arbeitslosenquoten nicht höher (siehe Abbildung 16.16).

Großzügigkeit beim Arbeitslosengeld und Arbeitslosenquoten in der OECD (2001–2020).
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Abbildung 16.16 Großzügigkeit beim Arbeitslosengeld und Arbeitslosenquote in der OECD (2001–2020).

OECD. 2021. OECD Statistics.

Das ist kontraintuitiv, denn in unserem Modell würde eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes ceteris paribus die Kosten des Arbeitsplatzverlustes für die Beschäftigten verringern und die Lohnsetzungskurve nach oben verschieben.

Der Kontrast zwischen Arbeitslosenquoten und -leistungen in den Niederlanden und Italien veranschaulicht diesen Punkt. In den Niederlanden erhält eine arbeitslose Person eine Leistung in Höhe von über 70 % des früheren Bruttoeinkommens, und die Arbeitslosigkeit ist niedrig; in Italien dagegen beträgt die Bruttolohnersatzquote bei Arbeitslosigkeit 30 %, wobei die Arbeitslosigkeit viel höher ist als in den Niederlanden. Daraus ergibt sich, dass Länder, die in der Lage sind, großzügige, aber gut konzipierte Arbeitslosenversicherungssysteme einzuführen, die mit Arbeitsvermittlungsdiensten und anderen aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen koordiniert werden, niedrige Arbeitslosenquoten erreichen können. Wenn man den Menschen die Möglichkeit gibt, ihren Konsum zu glätten, sind sie möglicherweise eher bereit, neue Technologien anzunehmen, was die Preissetzungskurve nach oben verschiebt.

Übung 16.7 Arbeitslosenquoten und Institutionen des Arbeitsmarktes

Einige haben argumentiert, dass die hohe Arbeitslosigkeit in einigen europäischen Ländern im Vergleich zu den USA während der 1990er und 2000er Jahre auf das Vorhandensein starrer Institutionen auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen ist (zum Beispiel starke Gewerkschaften, großzügige Arbeitslosengelder und strenge Kündigungsschutzgesetze).13

  1. Prüfen Sie anhand von Abbildung 16.1, ob die Arbeitslosenquote in den meisten europäischen Ländern schon immer höher war als in den USA.
  2. Beurteilen Sie auf der Grundlage der Erkenntnisse aus diesem Abschnitt und anhand der Abbildungen 16.1, 16.14 und 16.16 die Behauptung, dass die hohe Arbeitslosigkeit in Europa auf das Vorhan­densein starrer Institutionen auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen ist.

Frage 16.10 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Die folgende Grafik zeigt die Arbeitslosenquote und die Gewerkschafts­dichte für den Zeitraum 2000–2012. Die Gewerkschaftsdichte ist definiert als der Anteil der Beschäftigten, die in einer Gewerkschaft sind.

In diesem Streudiagramm zeigt die horizontale Achse die durchschnittliche Gewerkschaftsdichte von 2000 bis 2012 zwischen 0 und 100 %, und die vertikale Achse zeigt die durchschnittliche Arbeitslosenquote von 2000 bis 2012 zwischen 0 und 16 %. Dargestellt sind Daten für alle OECD-Länder. Es besteht eine schwache negative Korrelation zwischen der Gewerkschaftsdichte und den Arbeitslosenquoten über den dargestellten Zeitraum.
Vollbild
Land Arbeitslosenquote (%) Gewerkschaftsdichte (%)
AUS 5,5 19,2
AUT 4,8 29,5
BEL 7,8 54,6
CAN 7,1 27,4
CZE 7,1 16,3
DNK 5,4 67,7
FIN 8,3 69,5
FRA 8,3 7,7
DEU 7,9 19,2
GRC 13,4 23,1
HUN 8,1 13,3
ISL 4,2 87,1
IRL 8,3 32,4
ITA 9,0 34,9
JPN 4,5 18,4
KOR 3,5 10,1
LUX 4,5 36,7
NLD 4,1 18,9
NZL 5,3 20,7
NOR 3,6 53,7
POL 13,2 15,4
PRT 9,1 20,4
SVK 14,9 18,6
ESP 15,4 16,6
SWE 7,0 70,3
CHE 3,6 17,5
TUR 10,2 6,2
GBR 6,1 26,8
USA 6,4 11,5

Welche der folgenden Aussagen ist auf der Grundlage dieser Informationen richtig?

  • Eine hohe Gewerkschaftsdichte ist eine notwendige Bedingung für eine niedrige Arbeitslosenquote.
  • Eine niedrige Gewerkschaftsdichte führt zu einer hohen Arbeitslosigkeit.
  • Eine Betrachtung nur der nordeuropäischen Länder (Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland) deutet darauf hin, dass eine hohe Gewerkschaftsdichte zu einer niedrigen Arbeitslosenquote führt.
  • In Anbetracht der Gewerkschaftsdichte deuten die relativen Arbeitslosigkeitsergebnisse darauf hin, dass die integrativen Gewerkschaften in Norwegen stärker ausgeprägt sind als in Belgien.
  • Südkorea hat eine sehr niedrige Gewerkschaftsdichte, aber dennoch eine niedrige Arbeitslosenquote.
  • Tschechien hat eine ähnliche Gewerkschaftsdichte wie die Slowakei, aber eine niedrige Arbeitslosenquote.
  • In Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland ist die Korrelation zwischen Arbeitslosenquote und Gewerkschaftsdichte positiv, das heißt, die Arbeitslosenquote ist höher, obwohl die Gewerkschaftsdichte höher ist.
  • Die niedrigere Arbeitslosenquote in Norwegen trotz des gleichen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrads deutet darauf hin, dass die Gewerkschaften dort integrativer sind als in Belgien.

16.10 Veränderungen in Institutionen und der Politik

Wir haben gesehen, dass Unterschiede in den Institutionen und der Politik einen großen Unterschied für die Beschäftigung und das Lohnwachstum machen können. Institutionen zu verändern ist schwierig, weil dies unweigerlich Gewinnende und Verlierende hervorbringt.

Länder, die ihre Politik umgestalteten, veränderten ihre Wirtschaft. Sowohl in England als auch in den Niederlanden stiegen die Arbeitslosenquoten in den 1970er und frühen 1980er Jahren infolge des ersten und zweiten Ölpreisschocks (der die Preissetzungskurve nach unten verschob) und der zunehmenden Verhandlungsmacht der Beschäftigten (die die Lohnsetzungskurve nach oben verschob) stark an. Diese Auswirkungen werden in Abbildung 16.17 veran­schaulicht. Doch eine Änderung der Politik führte schließlich zu einem Rückgang der Arbeitslosenquote. In England ging die Arbeitslosenquote von 11,6 % im Jahr 1985 auf 5,1 % im Jahr 2002 zurück, und in den Niederlanden sank sie im gleichen Zeitraum von 9,2 % auf 2,8 %.

Verschiedene Wege, die Lohnsetzungskurve nach unten zu verschieben: Die Niederlande und England.
Vollbild

Abbildung 16.17 Verschiedene Wege, die Lohnsetzungskurve nach unten zu verschieben: Die Niederlande und England.

David R. Howell, Dean Baker, Andrew Glyn, und John Schmitt. 2007. ‘Are Protective Labor Market Institutions at the Root of Unemployment? A Critical Review of the Evidence’Capitalism and Society 2 (1) (Januar). Daten von 2005 bis 2019: Harmonisierte Arbeitslosenquoten der OECD, OECD. 2021. OECD Statistics.

Beide Länder haben ihre Wirtschaft umgekrempelt und die Lohnsetzungs­kurven nach unten verschoben, aber sie haben unterschiedliche Institutionen und Maßnahmen eingesetzt:

  • Im niederländischen Fall: Die Institutionen wurden integrativer und bewegten sich einvernehmlich in eine nordische Richtung.
  • Im englischen Fall: Die Politik reduzierte die Macht der nicht-integrativen Gewerkschaften und verstärkte den Wettbewerb auf den Arbeitsmärkten.14

In den Niederlanden war ein Schlüsselelement eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen und den Gewerkschaften aus dem Jahr 1982, das so genannte Wassenaar-Abkommen. Die Gewerkschaften boten Lohnzurückhaltung an (eine Verschiebung der Lohnsetzungskurve nach unten), und im Gegenzug erklärten sich die Unternehmen mit einer Arbeitszeitverkürzung einverstanden. Die Gewerkschaft stimmte zu, dass die Arbeitszeitverkürzung nicht zu einer Erhöhung der Arbeitskosten führen würde (und somit die Preissetzungskurve nicht nach unten verschieben würde).

Im niederländischen Fall waren die Gewerkschaften und die Unternehmen in der Lage, die Lohnpolitik zu koordinieren, um ein besseres makroökonomisches Ergebnis zu erzielen. Sie waren so mächtig, dass sie sicherstellen konnten, dass sich ihre Zugehörigen an die Vereinbarung hielten. Die Gewerkschaften übten eine zurückhaltende Verhandlungsführung im Interesse einer besseren Leistung des Arbeitsmarktes und damit der Wirtschaft insgesamt aus.

In England verschob sich die Lohnsetzungskurve ebenfalls nach unten, aber in diesem Fall war dies auf einen Rückgang der Macht der Gewerkschaften zurückzuführen. Dieser wurde durch eine Änderung der Gesetzgebung für Arbeitsbeziehungen herbeigeführt, die die Fähigkeit der nicht-tarifgebundenen Gewerkschaften schwächte, Streiks zu organisieren.

Übung 16.8 Das Modell des Arbeitsmarktes

Erläutern Sie, wie das Arbeitsmarktmodell (Lohnsetzungskurve und Preissetzungskurve), wie in diesem Abschnitt besprochen, verwendet werden kann, um die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in England und den Niederlanden von den frühen 1970er Jahren bis zu den frühen 2000er Jahren nachzuvollziehen. Der Artikel von Nickell und van Ours (2000), auf den oben verwiesen wird, ist eine gute Quelle für diese Frage.

16.11 Langsameres Produktivitätswachstum im Dienstleistungssektor und die sich wandelnde Arbeitswelt

Zunahme und Rückgang der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe

Wie in Einheit 1 erläutert, wurde vor der Industriellen Revolution der größte Teil des Outputs der Wirtschaft innerhalb von Familien erwirtschaftet. Sie waren keine Beschäftigten, sondern unabhängige produzierende Personen, die Waren und Dienstleistungen sowohl für den Eigenbedarf (so genannte Eigenproduktion) als auch für den Verkauf herstellten. Mit der Industriellen Revolution und der Entstehung des kapitalistischen Wirtschaftssystems verlagerte sich die Arbeit von der Familie und dem Bauernhof zu den Unternehmen: Aus selbständig produzierenden Personen wurden Beschäftigte.

Industrie
Warenproduzierende Wirtschaftstätigkeit: Landwirtschaft, Bergbau, verarbeitendes Gewerbe und Bauwesen. Das verarbeitende Gewerbe ist die wichtigste Komponente.

Aufgrund des technischen Fortschritts in der maschinellen Produktion wurden die hergestellten Waren günstiger. Infolgedessen wurden Textilien und Kleidung, die früher in Heimarbeit hergestellt worden waren, nun mit den Löhnen gekauft und bezahlt, die durch die Beschäftigung in der Industrie und in anderen Bereichen erwirtschaftet wurden. Das Ergebnis war ein anhaltender Anstieg der Beschäftigung in der Industriewirtschaft. In der Industrie macht das verarbeitende Gewerbe den größten Teil der Arbeitsplätze aus, und die Begriffe verarbeitendes Gewerbe und Industrie werden häufig als Synonyme verwendet.

Durch arbeitssparende Innovationen wurde auch die Landwirtschaft produktiver. Und als die Menschen reicher wurden, gaben sie weniger von ihrem Budget für Lebensmittel aus. Daher sank der Anteil der Erwerbsper­sonen, die in der Landwirtschaft tätig waren.

Für viele bedeutete die Abkehr von der Landwirtschaft und die Zunahme der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe eine Verbesserung der wirtschaftlichen Möglichkeiten. Vor allem als die Gewerkschaften und die Parteien für Arbeitende die Unternehmen zwangen, die Arbeitsbedingungen in der Industrie zu verbessern.

Dies hielt jedoch nicht ewig an. Abbildung 16.18 zeigt, dass die Ära der expandierenden Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe in den meisten großen Volkswirtschaften der Welt irgendwann im dritten Quartal des 20. Jahrhunderts endete. So wie das verarbeitende Gewerbe anfangs die Landwirtschaft als Hauptbeschäftigungszweig verdrängt hatte, wurde das verarbeitende Gewerbe durch die Produktion von Dienstleistungen und nicht von Waren ersetzt. Folgen Sie den Analyseschritten in Abbildung 16.18, um zu sehen, wie die großen Industrienationen zu verschiedenen Zeiten Phasen mit steigender und fallender Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe durchliefen.

Die Zu- und Abnahme des Beschäftigungsanteils in der Industrie (1870–2019).
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Abbildung 16.18 Die Zu- und Abnahme des Beschäftigungsanteils in der Industrie (1870–2019).

US Bureau of Labor Statistics. 2004. International Labor Comparisons (ILC). Aktualisiert am 14. Oktober; International Labour Association. 2021. ILOSTAT Database; The Conference Board. International Comparisons of Annual Labor Force Statistics, 2013.

Die Reduzierung des Anteils der Beschäftigen in der Industrie
: Den Anfang machten England und die USA um 1950, gefolgt von Japan und Deutschland etwa 20 Jahre später.
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Die Reduzierung des Anteils der Beschäftigen in der Industrie

Den Anfang machten England und die USA um 1950, gefolgt von Japan und Deutschland etwa 20 Jahre später.

US Bureau of Labor Statistics. 2004. International Labor Comparisons (ILC). Aktualisiert am 14. Oktober; International Labour Association. 2015. ILOSTAT Database; The Conference Board. International Comparisons of Annual Labor Force Statistics, 2013.

Der Aufstieg Südkoreas in die Industrie
: Erst im letzten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts begann diese Entwicklung, doch der Anteil des verarbeitenden Gewerbes in Südkorea ging bereits am Ende des Jahrhunderts zurück.
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Der Aufstieg Südkoreas in die Industrie

Erst im letzten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts begann diese Entwicklung, doch der Anteil des verarbeitenden Gewerbes in Südkorea ging bereits am Ende des Jahrhunderts zurück.

US Bureau of Labor Statistics. 2004. International Labor Comparisons (ILC). Aktualisiert am 14. Oktober 2004; International Labour Association. 2015. ILOSTAT Database; The Conference Board. International Comparisons of Annual Labor Force Statistics, 2013.

Verarbeitendes Gewerbe in Taiwan und Deutschland
: In Taiwan ist der Anteil der Erwerbspersonen im verarbeitenden Gewerbe inzwischen größer als in Deutschland.
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Verarbeitendes Gewerbe in Taiwan und Deutschland

In Taiwan ist der Anteil der Erwerbspersonen im verarbeitenden Gewerbe inzwischen größer als in Deutschland.

US Bureau of Labor Statistics. 2004. International Labor Comparisons (ILC). Aktualisiert am 14. Oktober 2004; International Labour Association. 2015. ILOSTAT Database; The Conference Board. International Comparisons of Annual Labor Force Statistics, 2013.

Verarbeitendes Gewerbe in China
: Im Gegensatz zu den anderen Volkswirtschaften in der Abbildung wurden in China im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts weiterhin Arbeitskräfte in das verarbeitende Gewerbe gezogen.
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Verarbeitendes Gewerbe in China

Im Gegensatz zu den anderen Volkswirtschaften in der Abbildung wurden in China im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts weiterhin Arbeitskräfte in das verarbeitende Gewerbe gezogen.

US Bureau of Labor Statistics. 2004. International Labor Comparisons (ILC). Aktualisiert am 14. Oktober 2004; International Labour Association. 2015. ILOSTAT Database; The Conference Board. International Comparisons of Annual Labor Force Statistics, 2013.

Die Ökonomie des langsameren Produktivitätswachstums im Dienstleistungssektor

Der Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte ist in allen in Abbildung 16.18 dargestellten Volkswirtschaften zurückgegangen. In den reichen Volkswirtschaften ist weniger als eine von 20 Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig. In letzter Zeit hat sich die Arbeit stark von der Produktion von Gütern (verarbeitendes Gewerbe und Landwirtschaft) auf die Produktion von Dienstleistungen verlagert. Wir wissen, dass der Output pro Arbeitsstunde (Produktivität) bei Dienstleistungen langsamer wächst als im verarbeitenden Gewerbe. Das hat zwei Auswirkungen:

  • Eine Verlagerung der Beschäftigung: Um die gleiche Mischung aus Waren und Dienstleistungen zu produzieren, wird jetzt weniger Arbeit für Waren und mehr für Dienstleistungen benötigt.
  • Eine Verlagerung des Konsums: Die Kosten für die Produktion von Waren sind im Verhältnis zu den Kosten für die Bereitstellung von Dienstleistungen gesunken, sodass die Preise für Waren im Verhältnis zu den Preisen für Dienstleistungen gefallen sind. Dies veranlasst die Menschen, mehr Waren und weniger Dienstleistungen zu kaufen, als sie es sonst getan hätten.

Der erste dieser Effekte war stärker als der zweite.

Um zu sehen, wie dieser Prozess abläuft, wollen wir vereinfacht ein Modell verwenden, bei dem nur der erste Effekt auftritt. Wir gehen also davon aus, dass die Menschen ein bestimmtes Verhältnis von Waren (zum Beispiel Hemden) und Dienstleistungen (zum Beispiel Haarschnitte) verbrauchen. Die Beispiele veranschaulichen den Grund für das langsamere Produktivitätswachstum bei den Dienstleistungen: Es dauert heute etwa genauso lange, jemandem die Haare zu schneiden, wie vor 100 oder sogar 200 Jahren, aber für die Herstellung eines Hemdes braucht man viel weniger Zeit als vor 200 Jahren (wahrscheinlich weniger als ein Fünftel).

Abbildung 16.19 zeigt das Modell. Die Gesamtzahl der in der Wirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte wird mit eins angenommen (sie könnten zum Beispiel eine Million Stunden arbeiten). Wenn all diese Arbeitskräfte für die Produktion von Gütern eingesetzt werden, wird eine Einheit von Gütern hergestellt. Dasselbe gilt für Dienstleistungen: Wenn alle Arbeitskräfte Dienstleistungen produzieren, dann wird eine Einheit Dienstleistungen produziert.

Die durchgezogene rote Linie ist die Machbarkeitsgrenze, die zeigt, welche Mengen an Gütern und Dienstleistungen mit den vorhandenen Technologien und der Menge der eingesetzten Arbeitskräfte produziert werden können. Wir gehen davon aus, dass die gleiche Anzahl von Einheiten an Waren und Dienstleistungen konsumiert wird, sodass in der Abbildung die Menge der Dienstleistungen und die Menge der konsumierten Waren in der ersten Periode jeweils eine halbe Einheit betragen. In der zweiten Periode steigt die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe, während sie im Dienstleistungssektor konstant bleibt. Das bedeutet, dass die Kosten und damit der Preis von Waren im Vergleich zu Dienstleistungen sinken. Folgen Sie den Schritten der Analyse, um die Auswirkungen auf die Beschäftigung zu sehen.

Höhere Produktivität in der Güterproduktion erhöht den Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor.
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Abbildung 16.19 Höhere Produktivität in der Güterproduktion erhöht den Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor.

Die Machbarkeitsgrenze
: Die durchgezogene rote Linie ist die Machbarkeitsgrenze und zeigt die Menge an Gütern und Dienstleistungen, die mit den vorhandenen Technologien und den verfügbaren Arbeitskräften produziert werden können.
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Die Machbarkeitsgrenze

Die durchgezogene rote Linie ist die Machbarkeitsgrenze und zeigt die Menge an Gütern und Dienstleistungen, die mit den vorhandenen Technologien und den verfügbaren Arbeitskräften produziert werden können.

Gleiche Aufteilung von Gütern und Dienstleistungen
: Wir nehmen an, dass gleiche Mengen an Gütern und Dienstleistungen konsumiert werden: bei A ist die konsumierte Menge von jedem gleich 1/2.
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Gleiche Aufteilung von Gütern und Dienstleistungen

Wir nehmen an, dass gleiche Mengen an Gütern und Dienstleistungen konsumiert werden: bei A ist die konsumierte Menge von jedem gleich 1/2.

Die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe steigt
: Die Arbeitsproduktivität in der Güterproduktion verdoppelt sich, aber die Produktivität im Dienstleistungsbereich bleibt unverändert. Die neue Machbarkeitsgrenze ist als gestrichelte Linie dargestellt.
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Die Produktivität im verarbeitenden Gewerbe steigt

Die Arbeitsproduktivität in der Güterproduktion verdoppelt sich, aber die Produktivität im Dienstleistungssektor bleibt unverändert. Die neue Machbarkeitsgrenze wird durch die gestrichelte Linie dargestellt.

Mehr Güter, mehr Dienstleistungen
: Wenn die Menschen weiterhin gleiche Mengen an Gütern und Dienstleistungen konsumieren, wird die Wirtschaft bei Punkt B mit einer Produktion und einem Konsum von jeweils 2/3 Einheiten sein.
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Mehr Güter, mehr Dienstleistungen

Wenn die Menschen weiterhin gleiche Mengen an Gütern und Dienstleistungen konsumieren, wird die Wirtschaft bei Punkt B mit einer Produktion und einem Konsum von jeweils 2/3 Einheiten sein.

Eine Verlagerung der Beschäftigung
: Bei B hat sich die Arbeit von der Güterproduktion auf die Dienstleistungsproduktion verlagert: 1/3 der Arbeitskräfte produziert Waren und 2/3 produzieren Dienstleistungen.
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Eine Verlagerung der Beschäftigung

Bei B hat sich die Arbeit von der Güterproduktion auf die Dienstleistungsproduktion verlagert: 1/3 der Arbeitskräfte produziert Waren und 2/3 produzieren Dienstleistungen.

Die Arbeit hat sich von der Güterproduktion auf den Dienstleistungssektor verlagert. Dieses Modell soll veranschaulichen, warum diese Verschiebung stattgefunden hat. Zwei Dinge, die in dem Modell nicht berücksichtigt wurden, haben zu dem verringert, und ein drittes hat sie verstärkt:

  • Produktivitätssteigerungen in einigen Dienstleistungsbereichen verringern die Verschiebung: Wir sind davon ausgegangen, dass es keine Produktivitätssteigerung bei den Dienstleistungen gibt. Aber denken Sie an die Arten von Dienstleistungen, die wir in dieser Einheit besprochen haben, zum Beispiel die gemeinsame Nutzung von Musik oder anderen Formen digitaler Informationen, bei denen die Produktivitätsfortschritte groß waren. Wenn die Produktivität bei den Dienstleistungen zunimmt, dann würde dies in unserem Modell die Verlagerung der Arbeit zumindest teilweise ausgleichen. Wir werden jedoch weiter unten sehen, dass ein großer Teil des Dienstleistungssektors der Wirtschaft aus Dingen wie der Körperpflege besteht, die eher mit dem Haareschneiden als mit der Reproduktion von Musik zu vergleichen ist.
  • Die Substitution von Waren durch Dienstleistungen verringert die Verschiebung: Wir erhöhen den Anteil der Güter, die wir konsumieren, wenn ihr relativer Preis sinkt. Indem wir davon ausgingen, dass sich das Verhältnis von Waren (Hemden) zu Dienstleistungen (Haarschnitte) nicht ändert, haben wir diesen Prozess ignoriert. Er würde den Rückgang der Beschäftigung im Güterbereich teilweise ausgleichen.
  • Ein Anstieg der relativen Nachfrage nach Dienstleistungen verstärkt die Verschiebung: Wir haben auch die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass die Menschen bei steigendem Einkommen einen größeren Teil ihres Budgets für Dienstleistungen ausgeben wollen. Denken Sie daran, dass zu den Dienstleistungen auch der Tourismus und andere Formen der Freizeitgestaltung gehören, aber auch Gesundheit, Bildung und Pflege, die nicht direkt aus dem verfügbaren Einkommen des Haushalts bezahlt werden. Dies würde die Verlagerung von Arbeit in den Dienstleistungssektor noch verstärken. Wir haben das schon einmal gesehen: Es entspricht der früheren Verlagerung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft, die stattfand, als der Anteil der Nahrungsmittel in den Haushaltsbudgets zurückging.

In den Ländern, in denen die Beschäftigung im Gütersektor im Vergleich zum Dienstleistungssektor zurückging, konnte der Nettoeffekt der von uns aus dem Modell ausgeschlossenen Faktoren die Deindustrialisierung der Arbeit jedoch nicht vollständig ausgleichen.

Ein weiterer komplizierender Faktor ist, dass einige Länder Nettoimporteure von Waren sind, während andere Nettoexporteure sind. Das bedeutet, dass viele Waren in einem anderen Land, und nicht in dem Land in dem es produziert wurden, gekauft werden. Dies ist eine der Erklärungen dafür, warum die in Abbildung 16.18 gezeigte buckelförmige Beziehung in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Muster aufweist. Der internationale Handel und die damit einhergehenden Möglichkeiten der Spezialisierung beschleunigten den Rückgang des Anteils der produzierenden Personen an der Beschäftigung in einigen Ländern (zum Beispiel in den USA und England), verlangsamten ihn aber in anderen Ländern (Deutschland, Südkorea).

Chinas wachsender Anteil an der Beschäftigung im Gütersektor spiegelt die Kräfte wider, die in den anderen, jetzt reichen Ländern zu beobachten sind, sowie seine Spezialisierung auf den Export von Industriegütern. Der Einstein am Ende dieses Abschnitts veranschaulicht die Logik hinter Abbildung 16.19 und analysiert das Ergebnis einer Produktivitätssteigerung in der Güterproduktion.

Einstein Wie schnelleres Produktivitätswachstum in der Güterproduktion zu einer Verlagerung der Beschäftigung von Gütern zu Dienstleistungen führen kann

Dieser Einstein erläutert die Logik hinter Abbildung 16.19 und erklärt, warum ein Produktivitätsanstieg in der Güterproduktion die Beschäftigung zu Unternehmen verlagert, die Dienstleistungen produzieren. Wir definieren λs als die Produktivität der Arbeit im Dienstleistungssektor. Dann ist λs = Qs/Ls, die Menge der Dienstleistungen geteilt durch die Menge der zu ihrer Produktion eingesetzten Arbeit. In unserem Modell gilt die folgende Gleichung:

\[\begin{align*} \lambda_sL_s = Q_s = Q_g = \lambda_gL_g \end{align*}\]
  • λsLs = Qs: Die Produktivität der Arbeit in Dienstleistungen multipliziert mit der Menge der Arbeit in Dienstleistungen ist gleich der Menge der produzierten Dienstleistungen.
  • Qs = Qg: Der Output an Gütern muss gleich dem Output an Dienstleistungen sein. Das ist nicht immer der Fall, aber wir haben es in unserem Modell so definiert.
  • Qg = λgLg: Der Output an Gütern ist gleich der Arbeitsproduktivität bei der Produktion von Gütern, multipliziert mit der Anzahl der bei der Produktion von Gütern beschäftigten Arbeitskräfte.

Wir können nun den ersten und den letzten Term der obigen Gleichung gleichsetzen. Dann erhalten wir einen Ausdruck für die Menge an Arbeit, die in den beiden Sektoren bei gegebenem Produktivitätsniveau in jedem Sektor beschäftigt werden muss, wenn sie eine gleiche Anzahl an Einheiten produzieren:

\[\begin{align*} \lambda_sL_s = \lambda_gL_g \end{align*}\]

Wir schreiben diesen Ausdruck um, indem wir die Tatsache nutzen, dass die Gesamtsumme der Arbeit in den beiden Sektoren gleich 1 ist:

\[\begin{align*} \lambda_sL_s = \lambda_gL_g = \lambda_g(1-L_s) \end{align*}\]

Durch Umformung der Gleichung mit Hilfe des ersten und des letzten Terms erhalten wir einen Ausdruck für den Anteil der in der Dienstleistungsproduktion eingesetzten Arbeit:

\[\begin{align*} L_s = \frac{\lambda_g}{\lambda_g+\lambda_s} \end{align*}\]

In der Abbildung war die Produktivität in beiden Sektoren 1, sodass der Anteil der in der Güterproduktion eingesetzten Arbeitskräfte 1/2 war. Wenn sich die Arbeitsproduktivität in der Güterproduktion verdoppelt ergibt sich:

\[\begin{align*} L_s = \frac{2}{2+1} = \frac{2}{3} \end{align*}\]

Dies ist der Anteil der Arbeit, der für die Produktion von Dienstleistungen eingesetzt wird, nachdem die Produktivität der für die Produktion von Gütern eingesetzten Arbeit gestiegen ist.

Frage 16.11 Wählen Sie die richtige(n) Antwort(en)

Abbildung 16.18 ist ein Diagramm, das den Anteil der Beschäftigung in der verarbeitenden Industrie in verschiedenen Ländern darstellt.

Welche der folgenden Aussagen sind richtig?

  • Der Anteil der Beschäftigung in der Industrie ist in allen dargestellten Ländern zurückgegangen.
  • Die Verlagerung der Beschäftigung aus der Industrie in andere Bereiche wurde um 1950 von England und den USA angeführt.
  • In England ist der Anteil der Beschäftigten in der Industrie an der Gesamtbeschäftigung durchweg höher als in den USA.
  • Die ostasiatischen Länder haben jetzt alle einen höheren Anteil der Beschäftigten in der Industrie als Deutschland, England oder die USA.
  • Dies gilt nicht für Taiwan und China.
  • In diesen Ländern ging der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Beschäftigung am stärksten zurück.
  • Die Linie für England liegt durchweg über der für die USA.
  • Deutschland hat immer noch einen höheren Anteil der Beschäftigten in der Industrie als Japan oder Korea.

16.12 Löhne und Arbeitslosigkeit auf lange Frist

Wir haben gelernt, dass sich Volkswirtschaften nicht nur darin unterscheiden, wie schnell sie sich an die Möglichkeiten anpassen, die der technologische Wandel und andere Veränderungen der Umstände bieten. Zudem gibt es auch Unterschiede hinsichtlich der Anpassungsmöglichkeiten der Löhne und der Beschäftigung, die sie auf lange Frist aufrechterhalten können.

Diese hängen von vielen der Merkmale der Volkswirtschaften ab, die wir in früheren Einheiten analysiert haben. Abbildung 16.20 fasst die Determinanten der Arbeitslosenquote und der Wachstumsrate der Reallöhne zusammen und verweist auf die Einheiten, in denen diese Konzepte behandelt werden.

Abbildung 16.21 baut auf Abbildung 16.20 auf und zeigt die Institutionen und politischen Maßnahmen, die das Wachstum der Reallöhne und der Arbeitslosenquote beeinflussen können.

Determinanten der Arbeitslosenquote und der Wachstumsrate der Reallöhne auf lange Frist. (E steht für Einheit in diesem Buch)
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Abbildung 16.20 Determinanten der Arbeitslosenquote und der Wachstumsrate der Reallöhne auf lange Frist. (E steht für Einheit in diesem Buch)

Die Institutionen, Politiken und Schocks, die Arbeitslosigkeit und Reallöhne beeinflussen können.
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Abbildung 16.21 Die Institutionen, Politiken und Schocks, die Arbeitslosigkeit und Reallöhne beeinflussen können.

16.13 Schlussfolgerung

Arbeitslosigkeit ist ein Marktversagen: Sie bedeutet, dass es Menschen gibt, die bereit sind, zum aktuellen Marktlohn zu arbeiten, aber keinen Arbeitsplatz finden. Der Abbau von Arbeitsplätzen ist ein ständiges Merkmal kapitalistischer Volkswirtschaften, in denen technologische Veränderungen tendenziell die Produktivität erhöhen und einige Menschen arbeitslos werden lassen. Eine gut funktionierende Wirtschaft zeichnet sich jedoch auch durch hohe Investitionen aus, die dafür sorgen, dass Arbeitsplätze mindestens so schnell geschaffen werden, wie sie abgebaut werden.

Eines der grundlegenden Anreizprobleme einer kapitalistischen Wirtschaft ist die Gewährleistung, dass Unternehmen sowohl in den technischen Fortschritt als auch in die Entstehung von Arbeitsplätzen investieren. Ein weiteres Anreizproblem besteht darin, sicherzustellen, dass die Beschäftigten den Anreiz haben, sich ausreichend bei ihrer Arbeit anzustrengen. Wir haben diese Anreize anhand der Preissetzungskurve und der Lohnsetzungskurve analysiert, die jeweils den Höchstlohn, den Unternehmen zahlen müssen, um in der Industrie zu verbleiben, und den Minimallohn, der gezahlt werden muss, um ausreichende Motivation der Beschäftigten zu erreichen, aufzeigen.

Der Hauptunterschied zwischen den leistungsstarken Volkswirtschaften und den aufschließenden Volkswirtschaften besteht darin, dass in den leistungsstarken Volkswirtschaften die Institutionen und die Politik so funktionieren, dass die Anreize die Agierenden motivieren, den Kuchen zu vergrößern, anstatt Ressourcen für den Kampf um die Größe des Stücks zu verschwenden.

In Einheit 16 eingeführte Konzepte

Bevor Sie fortfahren, sollten Sie die folgenden Definitionen durchgehen:

16.14 Quellen

  1. Eric Hobsbawm und George Rudé. 1969. Captain Swing. London: Lawrence und Wishart. 

  2. Jeremy Rifkin. 1996. The End of Work: The Decline of the Global Labor Force and the Dawn of the Post-Market Era. New York, NY: G. P. Putnam’s Sons. 

  3. John Habakkuk. 1967. American and British Technology in the Nineteenth Century: The Search for Labour Saving Inventions. England: Cambridge University Press.  

  4. Richard R Nelson and Gavin Wright. 1992. ‘The Rise and Fall of American Technological Leadership: The Postwar Era in Historical Perspective’Journal of Economic Literature 30 (4) (Dezember): pp. 1931–1964. 

  5. Natasha Singer. 2014. ‘In the Sharing Economy, Workers Find Both Freedom and Uncertainty’. The New York Times. Aktualisiert am 16. August 2014. 

  6. Michael Burda und Jennifer Hunt. 2011. ‘The German Labour-Market Miracle’VoxEU.org. Aktualisiert am 2. November 2011. 

  7. Vincent Sterk. 2015. ‘Home Equity, Mobility, and Macroeconomic Fluctuations’Journal of Monetary Economics (74): pp. 16–32. 

  8. David G. Blanchflower und Andrew J. Oswald. 1995. ‘An Introduction to the Wage Curve’Journal of Economic Perspectives 9 (3): pp. 153–167. 

  9. Samuel Bentolila, Tito Boeri, und Pierre Cahuc. 2010. ‘Ending the Scourge of Dual Markets in Europe’VoxEU.org. Aktualisiert am 12. Juli 2010. 

  10. John Maynard Keynes. 1923. A Tract on Monetary Reform. London, Macmillan and Co. 

  11. EconTalk. 2016. ‘David Autor on Trade, China, and U.S. Labor Markets’. Library of Economics and Liberty. Aktualisiert am 26. Dezember 2016.

    David Autor und Gordon Hanson. NBER Reporter 2014 Number 2: Research Summary. Labor Market Adjustment to International Trade

  12. Adrian Wooldridge. 2013. ‘Northern Lights’. The Economist. Aktualisiert am 2. Februar 2013.

    Torben M Andersen, Bengt Holmström, Seppo Honkapohja, Sixten Korkman, Hans Tson Söderström, und Juhana Vartiainen. 2007. The Nordic Model: Embracing Globalization and Sharing Risks. Helsinki: Taloustierto Oy. 

  13. Weitere Informationen über die Rolle der Institutionen bei der Arbeitslosigkeit in Europa finden Sie in diesen Artikeln.

    Olivier Blanchard und Justin Wolfers. 2000. ‘The Role of Shocks and Institutions in the Rise of European Unemployment: The Aggregate Evidence’. *The Economic Journal 110 (462) (March): pp. 1–33.

    David R. Howell, Dean Baker, Andrew Glyn und John Schmitt. 2007. ‘Are Protective Labor Market Institutions at the Root of Unemployment? A Critical Review of the Evidence’Capitalism and Society 2 (1) (January). 

  14. Stephen Nickell und Jan van Ours. 2000. ‘The Netherlands and the United Kingdom: A European Unemployment Miracle?’ Economic Policy 15 (30): S. 136–180.